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124 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1904.)
hatte, ein Bildniss in Thon angefertigt und aufgestellt.
Dann rief man: „Er hat die Treue gebrochen, also verfluchet
ihn!" — Ein persisches Wörterbuch berichtet über
einen zauberischen Brauch, nachdem der Fettschwanz des
Schafes mit Nadeln durchstochen, dann unter Zauberformeln
auf einem alten Grabe aufgehängt und eine brennende
Laterne daruntergestellt wurde. Wie durch die Hitze das
Fett allmählich sich löste und verging, so sollte auch der,
dem der Zauber galt, in Auszehrung dahinsiechen und
sterben. (N. W. J. vom 10./XI. 03.1
d) Ueber das oft unerklärliche Vorhersehen
der Ereignisse im Traume bemerkt eine G. v. P. gezeichnete
Original-Korrespondenz des „Neuen Wiener Journal
" vom 17/X. 03: „Träume sind Schäume." Das Gehirn
kann nichts produziren, was nicht wirklich existirt oder
existirt hat oder in der Zukunft verborgen ruht. Dass es
sogenannte Wahrträume giebt> ist zweifelsohne; sie sind
eine Art telegraphischen Vorganges, welcher besonders an
sensitiven Wesen wahrzunehmen ist. Ein Arzt macht uns
darüber folgende Mittheilungen: Ich kenne eine Dame,
welche, sensitiv veranlagt, nicht nur jeden Todesfall in der
Familie vorher träumte, sondern auch kleine Vorfälle,
welche sich genau an dem betreffenden Tage abrollten; ja,
sie brach sogar unwillkürlich bei einem bestimmten Wort
derselben ab, wie sie im Traum bei demselben vorher erwacht
war, sich alsdann derselben erinnernd. Briefe, Depeschen
, Geldstücke wie Geldscheine sah die alte Dame
mit peinlicher Genauigkeit im Traume vor sich, wie alles,
das am Tage eintraf. — Professor Meyer in Halle wurde
eines Tages zu einem seiner Zuhörer gerufen, welcher gefährlich
erkrankt war. Der Patient betheuerte seinem verehrten
Lehrer, dass er einen sonderbaren Traum gehabt,
welchen er aufgezeichnet im Pult verwahre. Er bat den
Besuch, den Traum nach seinem Tode zu veröffentlichen.
Am folgenden Tage starb der Patient. Der Traum war
folgendermaassen: „Ich träumte, ich ging auf dem Hallischen
Kirchhof spazieren und las die Inschriften der Steine. Zu
meinem Erstaunen sah ich auf einem Leichenstein meinen
eigenen Namen, Vor- und Zunamen und auch den Tag
meines Todes." Derselbe Tag und Monat, an dem der
Student wirklich gestorben! — Eine Dame vermisste einen
Gegenstand und sah denselben im Traum im Wäschekasten
einer anderen Dame, in einem bestimmten Kästchen im
zweiten Fach. Sie bestand auf der Oeffnung des Spindes
und fand wirklich das Vermisste genau an der geträumten
Stelle. — So giebt es unzählige Beweise von sogenannten
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