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Bormann: Karl du Prel und die Philosophie des Bewussten. 163
und seine Vollkommenheit zu ahnen. Dafür ist keine Arbeit
des Forschens und Denkens zu kostspielig.
Wie weit doch liegen solche Ausblicke von der Philosophie
des Meisters ab, dessen Jünger du Prel ehedem gewesen
: Eduard von Bartmann'sl Schon die Ansicht vom
Individualbewusstsein und seinem vollen Wachwerden im
Jenseits ist Attentat auf die n Philosophie des Unbewussten".
Der Bedeutung des Unbewussten, die du Prel von Hartmann
gründlich einzusehen gelernt hatte, stellt er das ßewusstsein
nicht als ein Ding inmitten der Erscheinungswelt und als
Anomalie im Reiche des unbewussten Absoluten, sondern
als die höchstgesteigerte Transscendenz gegenüber.
Ob sein mit irdischem Pessimismus vereinigter trans-
scendentaler Optimismus schwärmerischer ist als der Bart-
//MMtt'sche Pessimismus? Hartmann9* „Absolutes", innerhalb
dessen der wüste Bursche: „blinder Wille" das für
ewigen Schlummer bestimmte Dornröschen: „Idee" packt
und mit ihm die schlimme Welt erzeugt, sollen wir Bürger
des kleinen Erdenplapeten aus seinem Schmerz und Jammer
erlösen durch weltverscbmähendes Sittentum?*) Wir werden
es bleiben lassen und, wenn wir es je vermöchten, wer steht
uns denn dafür, dass dieses „ Absolute", das sich so schlimm,
wie nur irgend ein zeitliches Wesen, verfahren hat, solchen
dummen Streich noch einmal macht?! Es hat die ganze
Ewigkeit, wir eine winzige Zeitenspanne; der Teufel sei da
Erzieher, das ist für uns verlorene Arbeit!
Scherz bei Seite! Hartmann's „ Absolut es", das sich
so verfing und Menschenbeistand braucht, ist kein Absolutes
. Noth wendig muss das Absolute Zeit und Raum
mit allem darin Enthaltenen auf einmal überspannen, es ist
sowohl die weltverborgene Wurzel wie der von ihr genährte
Baum der Welt und so erfährt es die ganze Erscheinungs-
Welt mit nebst allem unbewussten wie auch bewussten
Leben in Dingen und Einzelnwesen, indem es sein Totalsein
zugleich in sämmtiiehe Bewegungen und Bewusstseinsstufen
der ihm immanenten Welt auseinanderlegt. Sonst ist vom
„Absoluten" keine Rede. Und weiter: für Hartmann
gilt Teleologie. Dann muss unwidersprechbar das
Absolute absolut zweckvoll sein; d. h. die Teleologie
des Weltganzen ist, da die Zwecke jedwedes Dinges in's
Unbegrenzte sich erstrecken, beim unendlichen Zusammen-
hange von allem unumgänglich anzunehmen. Sonst ist vom
* Absoluten • abermals keine Rede.
*) Vgl. Ed. v. Bartmann, „Philosophie des Unbewussten \ 3. Aull.
& 774 ff.
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