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168 Psychische Studien. XKXL Jahrg. 3. Heft. (März 1904.)
Was denn nun aber unser Bewusstseinskern schliesslich
selber ist, das wissen wir nicht, und wie es das Gewölk des
Unbewussten in unserem Geiste zerstreut, darüber ist alle
Erfahrung unzureichend. Nur sein bedingtes Licht,
seine bedingte Herrschaft kennen wir. Das Unbegreifliche
als vorhanden in seinem ganzen unendlichen Werte
klar begriffen zu haben, das ist wieder unser Trost.
Zu dieser unschätzbaren Einsicht weist uns durchweg
die monistische Seelenlehre du Prel's. Sein grosses Wort
ist das Selbstorganisieren, dessen Sinn überall aufschliessend
er das denkende Bewusstsein über den Stoff erhöht,
ohne dass er in den stets von ihm vermiedenen Fehler
verfällt, das Denken isoliert als das Primäre vor den Willen
zu rücken. Zum Bewusstsein gehört Wollen, Denken,
Fühlen insgemein und untrennbar miteinander, weshalb ich
einmal in diesen Blättern*) die Seele als ein handelndes
Wesen unter der eigentlichen tiefen Bedeutung dieses Zeitwortes
definirt habe, und ich denke mich später über die
Wahl dieser Bezeichnung gründlicher auszusprechen.
Der gleichen Geistesrichtung wendet sich Karl du PreH
Philosophie zu im Ausblicke auf das Kostbarste im Menschen,
auf das Bewusstsein.
Genialität und Verrücktheit.
Eine okkultistische Studie von Kart ReilSS.
(Schluss von S. 113.)
Die Spuren des Genius bis zu dessen Ausgangspunkt
zurückverfolgend, lernten wir bisher die Medialität
von ihrer relativ günstigeren, von ihrer aktiven Seite
kennen.
Betrachten wir in Folgendem nun zweitens die
weniger erquickliche Kehrseite der Medaille, nämlich die
passivmediale Veranlagung als Wegweiser des
Verständnisses für jeweiliges Aufblitzen genialer
Aeusserungen bei Irrsinnigen. Wir begegnen
hier einem diametral entgegengesetzten Prinzip der geistigen
Wirksamkeit. Die Signatur der aktivmedialen Leistungen
war das persönliche Hinausragen ihres Autors
über die irdischen Schranken. Passiv- mediale
Geistesäusserungen dagegen werden durch das
Hereinragen von Wesen einer andern Sphäre
in die unsrige gekennzeichnet
*) Ps. St. 1901, S. 204 f£. In „Vorausschauen und Wahrsagen,
Freiheit und Schicksal*.
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