Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 176
(PDF, 224 MB)
Bibliographische Information
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176 Psychische Studien. XXXL Jahrg. 3. Heft. (.März 1904 )

zu ihrer Mission durch eine Stimme, die sie gehört, durch
eine Erscheinung, die sie gesehen, beauftragt worden zu
sein? Woher anders der plötzliche Wechsel der Namens-
Unterschrift, ein Phänomen, das nur in spiritistischen
Sitzungen bei Schreibmedien alltäglich begegnet? Mag da
die Aeusserung des passivmedialen Einflusses, das Auftreten
ihres Trägers zeitweilig noch so genial erscheinen wollen:
der himmelweite Abstand von den Wirkungen des wahren
Genius springt nur zu klar ins Auge. Denn der geistige
Prüfstein wird auch hier nur in dem Wo« geboten: „an
ihren Früchten sollt ihr sie erkennen."

Nach diesem Brückenbau des Verständnisses für die
okkultistische Deutung vieler Fälle von Genie und Irrsinn
glaube ich, zum Abschluss meiner Ausführungen folgendes
Endergebniss feststellen zu dürfen:

Genialität ist immer, Geistesgestörtheit oft auf
Medialität zurückzuführen. Diese Medialität kann aktiver
oder passiver Art sein. Echte Genialität ist stets die
Folge aktiver Medialität. Ja, als solche ist sie selber ge-
wissermaassen als eine Art von Verrücktheit zu betrachten.
Als ein Ver- oder Entrücktsein nämlich des Genius
schon während seines Erdenlebens in höhere Sphären.
Entwickelt sich nun die Medialität oder Mittlerschaft des
Genius unter starker Selbstleitung harmonisch und in
gesunden Bahnen (wie bei Schiller}, so ist das Umschlagen
in Irrsinn ausgeschlossen. Wuchert sie jedoch unter
unsicherer Leitung oder ungünstigen Entfaltungsbedingungen
krankhaft empor (wie bei Nietzsche), oder ist
sie nicht stark genug, passivmedialem, schädigendem Ein-
fluss Widerstand zu leisten (wie bei Rousseau): so treten
uns die Phänomene der Geistesgestörtheit des Genius
entgegen, und zwar als entartete oder unterjochte aktiv
mediale Begabung, alias: Irrsinn bei genialen Menschen.

Die zeitweilig beobachtete Scheingenialität bei
regulär Irrsinnigen dagegen ist in vielen Fällen die
Folge passiv medialer Einflüsse. Sind dieselben guter
Art, so äussern sie sich, wie erwähnt, z. B. in wunderbaren
Leistungen auf musikalischem Gebiete, Entstammen sie
jedoch böser Quelle, so fördern sie nur — wenn auch in berückendster
.Form des Auftretens — Unheil, Verwirrung und
Zwietracht zu Tage, wie das Lombroso's Beispiele erhärteten.
Hier haben wir dann sogenanntes Genie bei Irrsinnigen
vor uns, das wir aber mit Recht als trügerisches Spiegelbild
, als Pseudogenialität bezeichnen dürfen.


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