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Dankmar: Geistige und soziale Strömungen ete. 201
feierliche Wiederherstellung des Ordens Jesu durch die Bulle
„Sollicitudo omnium ecclesiarum" Pius1 VII. Und der wiederhergestellte
Orden wusste dies dem Papstthum zu danken!
Unter Leo XII. (1823—1829) wurde die Inquisition und
die Folter erneuert und fürsorglich deren Gefängnisse wieder
in Stand gesetzt. Dessen Nachfolger regierte nur
8 Monate; aber unter dem Camaldulenser Mönche Gregor XVI
(1830—1846) wurde Ungeheueres zur Machtstärkung der
katholischen Kirche gethan, besonders durch die Neuschaffung
des „Kollegiums der Propaganda", welches die
Aufgabe der Katholisirung des ganzen Erdkreises hatte und
ab 1836 in die Hände der Jesuiten gelegt worden war.
Diesem Papste folgte in 32 jähriger Regierung Mastai Feretti,
der 1846 als Pius IX. den päpstlichen Thron bestieg. Durch
ihn sollte die moderne Weltmacht des Papstthums — dieser
idealen Fortsetzung der römischen Weltherrschaft —, die
heute so erschreckend gross vor uns steht, auf dogmatischem
Gebiete ihre höchste Krönung und Weihe und fortab das
Wort Augustini) welches er einstmals den Pelagianern und
Donatisten zudonnerte: „Roma locuta est", eine ungeahnte
Bedeutung erhalten. —
(Fortsetzung folgt.)
Dritter Nachtrag zu „Goethe und der Okkultismus".
Von Hofrath Prof. a. D. Max Sellin g\
(Schluss von Seite 144.)
Goethe'* Beziehungen zu Swedenborg sind, wie ich inzwischen
erfahren, von M. Morris im VI. Bd. des „Euphorion"
ausführlich bereits besprochen worden. Das 1771 unter
dem Einflüsse des Fräuleins v. Klettenberg begonnene Studium
Swedenborg^ führte zu einer sehr grossen Werthschätzung
des Sehers. Ausser dem hierüber schon Erwähnten ist
noch zu bemerken, dass Swedenborg in den „Frankfurter
gelehrten Anzeigen« (nach Morris) der „gelehrte Theolog
und Weltverkündiger" genannt wird und dass er — wie
auch Erich Schmidt („Goethes Faust in ursprünglicher Gestalt
*1, Weimar 1894) gezeigt hat — jener Weise ist, von
dem es im Faust heisst:
Jetzt erst erkenn* ich, was der Weise spricht:
Die Geisterwelt ist nicht verschlossen.
Der Einfluss, den Swedenborg auf Goethe gehabt, zeigt
sich vor allen Dingen in den Greisterszenen des „Urfaust"
und im Schlüsse des zweiten Theiles des „Faust". Morris,
der diesen Einfluss an vielen Einzelheiten nachweist, nimmt
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