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: Merkwürdige Erlebnisse*
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einigen werde. Ich schliesse mit einem treffenden Wort
Emerson'*, das mir wie kein anderes geeignet erscheint, den
Werth der von Goethe zu Gunsten des Okkultismus abgelegten
Zeugnisse richtig zu ermessen. In seinem grosszügigen
Essay „Goethe oder der Schriftsteller" sagt Emerson
nämlich, dass „der alte, ewige Genius, der diese Welt auferbaute
, sich ihm mehr anvertraut hat, als je einem Andern."
Es war im Anfang meiner okkultistischen Studien. Ich
war in Berlin urd ging eifrig allen spiritistischen Spuren nach,
auf die ich durch liebenswürdige Vermittelung eines jungen
Mannes, der jetzt Spiritistenfresser — damals Forscher —
war, gelangen konnte. Ich wollte und musste ergründen,
was an der Sache sei und trotzte allem Spötteln über solche
Thorheiten sich erhaben denkender Personen. — So kam
ich auch in das Haus eines Herrn Thoron, dessen Frau sich
*) Die sehr verehrte Frau Verfasserin bittet uns um Berichtigung
dreier sinnentstellender Druckfehler, die sich (infolge unleserlicher
Schrift) in ihren vorangehenden Artikel im Ifebruarheft
eingeschlichen haben. Daselbst sollte es 8. 90, Z. 19 v. o. „etwas
geglättet* (statt: „wie geplättet*). S. 92, Z. 16 v. o. „Lider" (statt:
„Läden") und Z. 24 v. o. „ gesteiften * (statt: „gestreiften*) heissen.
Unsere in den Fussnoten gegebenen „Erklärungen* findet Verf. „zu
gezwungen*, während ihre Erlebnisse doch „so einfach und natürlich
* gewesen seien; eine 56 Jahre alte nüchterne und erfahrene
Frau wisse recht wohl zwischen einer blossen Sinnestäuschung
und etwas „übersinnlich Gesehautem und sinnlich Beobachtetem*
zu unterscheiden. Das „übersinnlich, d. h. mit Geistesaugen Geschaute
* sei doch nicht eo ipso Halluzination; es könne ja
ebenso gut „übersinnliche Wirklichkeit* sein. (Das haben wir
niemals bezweifelt, sondern lediglich auf die ziemlich nahe
liegende Möglichkeit einer dem Einschlafen vorangehenden Halluzination
auf Grund eigener Erfahrung hingewiesea!) „Speziell
meinen sog. Magnetvogel, schreibt Verfasserin, sah ich durch mein
sinnlich wirkliches offenes Auge und das Schauen wurde unterbrochen
durch mein sinnlich wirkliches Bettschränkchen. resp die geschlossenen
Augenlider. AIP das von mir Berichtete war über sinnliche Wirklich
keit gleich zeitig mit Geistes- und Leibesaugen geschaut...
Auch dachte ich damals sicherlich nicht an irgend wtlche bildliche
Darstellungen, sondern nur an mein kaltes Zimmer und was damit
zusammenhängt. Erst viele Tage später verfiel ich darauf, dass
solch eine Kugel (iu weicher Form ja auch alle Somnambulen die
Geistwesen schauen) wohl auch schon von anderen Leuten gesehen
worden sein könnte, und erst als ich dann in der Kirche wieder
einmal das den h. Geist symbolisirende Taubenbild sah, kam mir
der Gedanke, das könnte wohl ursprünglich eine ähnliche Kugel
mit Flügeln gewesen sein. Ich selbst sah Abends bei hellem
Psychische Studien. April 1904. 14
Merkwürdige Erlebnisse.
Von Frau Margarete E
in R . . .*)
II.
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