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E.....: Merkwürdige Erlebnisse
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kapseln, die er mir beibringen, sowie gegen die Aether-
einspritzungen, die er vornehmen wollte. — Ich sagte ihm,
mein Herz sei zu schwach, um solche Peitschenhiebe ertragen
zu können, und nachdem ich den Ausspruch gethan:
„Verzeihen Sie mir, lieber Herr Doktor, aber aus Courtoisie
für Sie kann ich nicht sterben", entfernte sich der Arzt,
mir natürlich zürnend und nicht ohne mir vorher die fernere
Behandlung zu kündigen. Ich hörte dann, wie er im Nebenzimmer
dem Mädchen sagte: „Es kann nur noch ganz kurze
Zeit dauern." — Als er fort war, ordnete ich an, was mir
mein „Instinkt" eingab, nämlich heisse Flaschen und dreifache
Decken und zwar mit den Worten: „Jetzt wollen wir
ihm zeigen, wie Gott heilt." Am anderen Morgen lebte
ich noch zu aller Verwunderung — und es ging allmählich
aufwärts, wenn ich auch in Folge einer Koffeinvergiftung
in der Krankheit, noch 4 Wochen nach Gesundung meiner
Lunge, am Herzen und am Delirium schwer zu leiden hatte.
Ja> „gegiftet" war eben genug worden und ohne meine
halluzinatorischen Helfer und okkulten Rathgeber wäre ich
jetzt wohl schwerlich noch unter den Lebenden des Diesseits,
da ich nach menschlichem Dafürhalten gar nicht mehr gesunden
konnte. Ich Hess dann zum Audenken an meinen
„Todestag", den 25. Mai, meiner treuen Pflegerin ein
goldenes Armband anfertigen mit dem Datum und der
Inschrift: „Sein Name ist Arzt, Helfer, Gott."
II. Abtheihmg.
Theoretisches und Kritisches.
Die Logik der materialistischen Lehre und ihre
Werthschätzung des Lebens.
Vom f kaiserl. russ. Geheimrath u. Generalarzt a. D.
Dr. Itfik. v. Seeland.
(Fortsetzung von Seite 161.)
Nehmen wir nun alle bisher betrachteten natürlichen
Widersprüche einer nur ephemeren Existenz zusammen, —
also die Trennung von der individuellen Lebensfreude auf
ewig, das Scheiden von Allen, die unseren Herzen nahe
standen, für immer, die schliessliche Fruchtlosigkeit eines
sittlichen Kampfes, der, unter besagten Prämissen das Unrecht
nie aus der Welt schaffen könnte; die Unmöglichkeit
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