http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0244
236 Psychische Studien, XXXI. Jahrg. 4. Heft, (April 1901.)
weniger als von Spiritismus sprach. Auch dieses Buch enthielt
keine Spur davon; aber selbst heute noch sind vielfach
Hypnotismus, Somnambulismus, Spiritismus für die grosse
Masse synonyme Begriffe. Du frei durfte es noch erleben,
dass die Erscheinungen des Hypnotismus und des Somnambulismus
wissenschaftlich untersucht und endlich auch von
der deutschen Wissenschaft anerkannt wurden, nachdem die
französische in den Spitälern, wie im Gerichtssaal ihr auch
schon in der Praxis vorausgegangen war. Du Prel verwendete
zwar noch für seine Bücher die heute irreführenden
Titel „Mystik", „GeheimWissenschaften", „Okkultismus", aber
er hatte keinen sehnlicheren Wunsch, als alles, was darin
ausgesprochen war, sich in nüchternste Naturwissenschaft
auflösen zu sehen, denn er selbst war ja von der Naturwissenschaft
, insbesondere von der Astronomie (Entwicklungsgeschichte
des Weltalls) ausgegangen.
Einem seiner Jünger, der sich zwar später von ihm
abwandte, um heute wieder in wissenschaftlich und persönlich
gesicherter Lage sich jenen Theorien zuzuwenden, war
es vorbehalten, in schönen einleuchtenden Experimenten das
„ad oculo8<% zu beweisen, was damals so manchem Skeptiker,
noch mehr aber den nie fehlenden, absprechenden Aprioristen
als wahnsinnige Hirngespinste erschienen, dem bekannten Münchener
Nervenarzte Dr. Albert Freiherrn v. Schrenck-Notzing.
Dieser und die von ihm gegründete Abzweigung der alten
„Psychologischen Gesellschaft" luden auch gestern Abend
einen auserlesenen Kreis zu einer höchst interessanten Demonstration
in den von einem Mitgliede der Gesellschaft zur
Verfügung gestellten schönen Bühnensaal eines Privathauses
ein. Was dort vorging, sollte eigentlich den Lesern der
„Allgemeinen Zeitung" nicht ganz fremd sein, denn voriges
Jahr schon brachte unser Feuilleton (in der Nummer vom
4. December), wohl zuerst von allen deutschen Blättern,
einen Bericht über Aufsehen erregende Experimente mit
einer Somnambulen, Madame Madeleine G. aus Paris, die
dort im Atelier Rodin's im Trancezustande nach dem Klang
der Musik wunderbar schöne Ausdrucksbewegungen produ-
zirt haben soll.*) Später Hess sich Madeleine in der Opera
Comique öffentlich vor einem grossen Publikum von Künstlern
und Schriftstellern, ca. 700 Personen, sehen, die ebenso
entzückt wie überrascht waren von dieser merkwürdigen,
in dieser Art neuen Kunstoffenbarung. Freiherrn v. Schrench
gebührt das Verdienst, diese Somnambule hierher gebracht
und gestern einer Gesellschaft von Aerzten, Künstlern,
*) Vergl. .Psych. Stud.u Febr.-Heft er. 8. 117 ff. — Eed.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0244