Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 247
(PDF, 224 MB)
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Maier: Die „Schlaftänzerin" Madeleine 6. in München. 247

der Meister den CAopm'schen Trauermarsch zu spielen.
Augenblicklich erfasst den Körper Madeleine's die gewaltige
Tragik der grossen Akkorde dieses Musikstückes und scheint
ihn ins tiefste hinein zu erschüttern; mehr und mehr steigert
sich die Pantomime des Schmerzes, laute, unartikulirte Klagetöne
, die indess die Noten Chopin'* völlig treffen, stösst die
Somnambule aus, wirft sich voll unsäglichen Leides, das
sich auf ihren Gesichtszügen malt, auf den Boden und erstarrt
plötzlich, als die Musik auf dem Piano abbricht, in
der letzten Pantomime wie leblos.

Es war nichts Uebertriebenes, nichts Hässliches, nur
Schönes, in höchstem Grade A esthetisches, Künstlerisches,
was da vor unseren Augen geschehen war! Ein Traumbild
— und doch für uns alle volle Wirklichkeit! — Die Somnambule
wird durch den Magnetiseur wieder in ihren wachen
Zustand versetzt und abgeführt.

Die Kommentare beginnen. Die Skepsis ist ganz klein
geworden. Niemand kann annehmen, dass der königlich
bayerische Hofkapellmeister Stavenhagen im Bunde mit erstweichem
Pariser Magnetiseur stehe, niemand glauben, dass
der wohlbekannte Psychologe Dr. v. Schrenck-Notzing, der
dies Phänomen nach München gebracht, Schwindler begünstige
. Da wird von theaterfachmännischer Seite auf das
lebhafteste erwidert: „Und wenn — Schwindel! Dann ist
ja das um so grossartiger, was wir hier gesehen haben!
Wenn Madeleine das alles bewusst gespielt hat, so haben
"wir es mit einem Talent zu thun, das höchstens mit der
Duse verglichen werden kann, vielleicht mit Charlotte Wolter,
wenn sie in die höchste Ekstase gerieth! Das wäre ja ein
Segen für die aussterbende gro se Schauspielkunst! Aber
leider scheint ihr dieser Stern nicht aufzugehen! Es ist
nur eine Offenbarung des Urgrundes der schauspielerischen
Natur; das Bewusstsein, die Logik, das Denkvermögen
scheinen hier gänzlich ausgeschlossen zu sein. Vielleicht
liegt aber die Schauspielkunst in ihren höchsten Affekten
auf dem Wege zu diesem Zustande hier!4'

Man beschliesst, dass der anwesende Komponist Schillings
den zweiten Theil übernehmen möge, dann der junge Graf
Eulenburg sich an das Piano setzen, dass freieste Auswahl
der Musikstücke, Improvisiren, Phantasiren herrschen solle,
um die Somnambule bis ins innerste Mark zu prüfen. Nach
einer Pause von zehn Minuten vollzieht der Magnetiseur
von neuem sichtbar die Einschläferung. Dieselbe Erscheinung
wie vorher beim ersten Tone des Pianisten. Schillings spielt
eigene Kompositionen; Madeleine, die niemals diese Musik
gehört haben kann, begleitet die ernsten Motive derselben


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