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Kurse Noti&en,
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Minister des Innern folgendes Reskript erlassen: „Im Sinne
des Rundschreibens des medizinischen Departements vom
18* Mai 1. J. war es den Aerzten erlaubt, den Hypnotismus
zu ärztlichen Zwecken dann anzuwenden, wenn bei der
hypnotischen Kur zwei andere Aerzte — ähnlich wie bei
chirurgischen Operationen — anwesend sind, und in jedem
Falle der Anwendung des Hypnotismus hatten die den
Hypnotismus gebrauchenden Aerzte die Administrativbehörden
unter Namhaftmachung der beigezogenen Aerzte
hievon zu verständigen. Der Reichs-Medizinalrath hat nun
die praktischen Ergebnisse dieses Heilverfahrens in Erwägung
gezogen und ist auf Grund eingehenden Studiums
zu der Ueberzeugung gelangt, dass das hypnotische Heilverfahren
mit chirurgischen Operationen nicht gleichgehalten
werden kann, nachdem der Hypnotismus keinerlei
Gefahr für das menschliche Leben mit
sich bringt, dabei aber ein nicht zu unterschätzendes
therapeutisches Mittel ist, welches sich
in vielen Fällen als unentbehrlich erweist.
Namentlich auf dem Lande ist aber die Herbeiziehung
fremder Aerzte oft unmöglich. Da nun der Reichsmedizin al-
rath die Aufhebung der einschränkenden
Bestimmungen für hypnotische Kuren beantragte
und der Minister des Innern die Anschauungen des
Medizinalrathes theilt, so wird das diesbezügliche einschränkende
Reskript aufgehoben und hiemit den Aerzten
volle Freiheit bei dem hypno tischen Verfahren
ertheilt."
f) Giebt es ein „Versehen" der Mütter?
Diese Frage wird von der medizinischen Wissenschaft theoretisch
entschieden verneint; in der Praxis tauchen aber
immer wieder Fälle auf, die den Zweifel berechtigt erscheinen
lassen, ob eine strikt ablehnende Haltung der
Wissenschaft gegen die Möglichkeit des Versehens auch
wirklich aufrecht erhalten werden kann. So berichtet der
Darmstädter Augenarzt Dr. E. Praun in der letzten Nummer
der „Berliner Klinischen Wochenschrift" über folgenden
interessanten Fall: Eine gesunde junge Mutter, die bis dahin
nur ganz normale Kinder geboren hatte, schenkte einem
Knaben das Leben, an dessen einem Auge ein Stück von
der Regenbogenhaut fehlte, so dass die Sehfähigkeit stark
beeinträchtigt ist Es handelt sich im vorliegenden Fall
um eine seltene, den Aerzten wohlbekannte angeborene
Missbildung. Nun machte aber die Mutter die Angabe,
dass auch ein älterer Sohn infolge Verletzung durch einen
Pfeilschuss genau die gleiche Veränderung des Auges durch
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