Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 292
(PDF, 224 MB)
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292 Psychische Studien XXXI. Jahrg. 5. Heit. (Mai 1904.)

Bilder in das Gefühl kann dalier nur die Bedeutung haben,
durch die seelische Erschütterung das Verlangen nach dem
ihnen Entgegengesetzten wachzurufen; an sich sind sie bloss
Zerstörung und Verneinung. Nach Hunger wird Sättigung,
nach Kälte wird Wärme, nach Finsterniss wird Licht
wohlthätiger empfunden; immer aber stehen erstere
bloss im Dienste letzterer, nicht umgekehrt. Das Positive
ist im Allgemeinen das zu erstrebende Hönere, das Negative
das zu überwindende Niedere; mithin sind auch die
Kunstwerke, welche den Sieg oder wenigstens das Ueber-
wiegen des Guten über das Böse bedeuten, die höheren,
wenn auch die Begabung des Künstlers in beiden Fällen
eine ebenbürtige sein sollte. Das einfach „Angenehme"
braucht noch nicht in diese Kategorie gerechnet zu werden,
denn es kann auch lediglich den Kitzel der Sinnlichkeit
bezwecken, obzwar dies seine unterste Stufe ist; daher steht
z. B. ein Kunstprodukt, welches nichts als oder wenigstens
zum Theil eine Erregung der Wollust beabsichtigt, tief unter
einem zwar unmittelbar Jammer und Schauder bewirkenden,
mittelbar aber eine heilsame Gegenwirkung erzielenden Kunstwerk
. Wie die Ideale der höchsten Gerechtigkeit, überhaupt
der höchsten Sittlichkeit gerade im Lichte einer dem
Materialismus entgegengesetzten Weltanschauung aufblühten
, so entfaltet auch die menschliche Kunst ihre höchste
Kraft gerade im Dienste derselben Geistesrichtung. Das
Merkmal des Sittlichen ist die einigende, ordnende
und fördernde Wirkung auf das Menschenleben und,
mittelst dieses, überhaupt auf den Weltlauf. Je höher ein
menschliches Werk in sittlicher Hinsicht steht, desto mehr
muss es Segen um sich verbreiten. Und ganz so steht es
auch mit der Kunst.

Jetzt frage ich: Kann oder darf der Materialismus, wenn
er konsequent bleiben will, jene zahlreichen Kunstschätze dulden
, geschweige anerkennen, deren Iuhalt nichts weniger als
die dereinstige, nicht illusorische Ueberwindung des
Weltübels bedeutet? Nur ein urtiefer und begeisterter
Glaube an eine schliessliche allseitige Ausgleichung
des Schmerzlichen, an eine unabsehbare Vervollkommnung
der Individuen und deren fortschreitende Annäherung an
das ideale Urwesen konnte jene gewaltigen Werke hervorbringen
, die unser Inneres in eine Stimmung von hohem
Ernst, gepaart mit Seelenfrieden und froher Zuversicht versetzen
. Denn eben in nichts weniger als diesem besteht
jene geheimnissvolle, alle Tiefen der Seele aufwühlende Erregung
, die sich eines empfänglichen Gemüths bemächtigt,
wenn es die Klänge eines grossen Meisters der Kirchen-


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