Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 305
(PDF, 224 MB)
Bibliographische Information
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Klinckowstroem: Ahndung der Zukunft.

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Szenen zurück; eine Begebenheit reihte sich schnell an die
andere. Lebhaft standen alle meine genossenen Freuden
vor meiner Erinnerung, dunkel, wie leichtes Gewölk in der
Mittagsschwüle, huschten die Tage der Trauer vorüber.
Selbst sie, die mir ewig lieb ist, Eure Mutter, schwebte mit
dem Lächeln des Engels, das der Tod ihr einst aufdrückte,
schnell an meiner Seele hin. So ruhig und heiter war ich,
so lieblich der Abend, und so innig und erhaben das Gefühl
meines Daseins im Mittelpunkte dieser unbeschreiblichen
Schönheit der Natur.

Allmählich erblasste das Hochroth des Himmels, und
der laue Frühlingsodem wehte schauerlicher. Noch konnte
ich mich am Absterben der glühenden Farbenmischung des
schwindenden Tages nicht satt sehen; in frohem Anschauen
vertieft, setzte ich auf jener Bank mich nieder. Es war
mir innig wohl, und die vorige Lebhaftigkeit meiner Empfindung
verlor sich in ruhige Betrachtungen. Unvermerkt
überfiel mich der süsseste Schiummer, den ich je geschlummert
habe.

Meine Seele, voll von jenen süssen Empfindungen,
wirkte in lieblichen Träumen fort. Ich erhob mich von
meinem Lager, sanft und leicht wie ein Jüngling; es durch-
flo88 meine Adern neue Kraft, munter war mein Gang,
scharf und hellsehend m«in blödes Auge. — Gott, welche
Verwandlung! dachte ich. Da ergriff mich eine sanfte
Hand, und mein Bruder Wilhelm, den wir erst vor zwei
Jahren begruben, ach, mein guter treuer Wilhelm, stand
neben mir. „O mein Bruder!" rief ich und stürzte in seine
Umarmung, — aber ein feierlicher Ernst schwebte um ihn
her, und mit dem Blick des Mitleids erwiderte er meine
heissen Küsse. „Nicht diese Gluth organischer Empfindung14,
sagte er, „nicht dieses heisse Gefühl, lieber Anton, das der
Pulsschlag unseres zerstörbaren Herzens erzeugt; nicht das
ist die Umarmung der Seligen. Bald wirst Du jene
Freuden in der Nähe sehen, und bald sollst Du sie selber
empfinden, die unbeschreiblichen Gefühle des ewigen Daseins
. Jetzt ist Dir nur vergönnt, sie zu ahnden; wandle
mit mir! —u

Mit schnellem, leichtem Gange erstiegen wir jenes Gebirge
, das vor uns liegt; Nacht war um uns her, aber eine
Nacht voll unbeschreiblicher Anmuth, wie sie die Erde nicht
hat. Gross unb weit war der Horizont; ringsum mit einem
Schimmerlicht bestrahlt, das allmählich über unserem
Scheitel zusammen leuchtete. Die Ebene unter uns deckten
weisse Wolken, undurchdringlich dem Auge. Jetzt schwand
auch das Gebirge hinweg zu unsern Füssen; leicht wie auf


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