Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 306
(PDF, 224 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0315
306 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 5, Heft. (Mai 1904.)

Flügeln des Windes schwebten wir durch die ungemessenen
Bäume des Himmels; von allen Seiten dämmerten Welten
um uns her. „Wilhelm!" rief ich, „wie ist mir?" und sank
in freudige Betäubung.

Aber bald weckte mich ein Geräusch, das keine Zunge
zu beschreiben vermag. Ich horchte auf, und vernahm
Melodien — o meine Kinder! was ist selbst der Gesang
der Engel gegen diese Töne ? Wie Meeresstürme brausten
sie daher, und wie Frühlingsregen erquickten sie. „Du
staunst?" — hub mein Bruder an. „Wisse, was für Dich,
Mann, mit sterblichem, gröberem Organ*) Ton ist, das ist
für den Verklärten Einklang aller erhabenen Empfindungen.
Du hörst die Harmonie der Sphären, ich empfinde die
wundervolle Zusammenstimmung der grossen Gesetze der
Natur. Alles, Sterblicher, ist Harmonie! Aber der Verklärung
ist es vorbehalten, die Zusammensetzung der Theile
des unermesslichen Ganzen mit unbewölktem Blick zu überschauen
und zu forschen in den Geheimnissen der Schöpfung.44

Wehmuth ergriff mich, und klagend seufzte ich:
„Warum bin ich nicht auch schon in der Reihe der Verklärten
?44 — Aber ein strafender Blick meines Bruders
lehrte mich Schweigen und Ergebung.

Indessen theilten sich die Wolken und ich übersah
mit einem Blick der Unsterblichen die Welt, die unsere
Sonne belebt. Da stand sie glühend im Kreise der Planeten,
die schöpferische Sonne; majestätisch wogten ihre Flammenmeere
und kühn rollte ihr Umkreis um die ewige Axe.
Ich sah Welten, die noch kein Fernrohr entdeckt hat,
Monde, die kein Sterblicher ahndet. Ich sah die Erde mit
ihren Millionen und mit den zahllosen Wesen, die auf
ihr empfinden und denken. Es rauschten die Welten um
die Sonne wie Stürme durch den Dunstkreis, und die
Harmonie ihres Rauschens war Anbetung.

Eine mächtige Kraft riss mich weiter. Ich sehe Anfang
, Zeit und Unendlichkeit. Myriaden von Stoffen
schwebten in einem finstern Chaos zusammen, und ein
schöpferisches Leben sichtete und ordnete sie zu Welten.

„Gott, Gott!" rief ich, — mein Auge ward blöde,
meine Kniee schwankten; ich warf mich auf mein Angesicht
und hatte zur Anbetung keine Worte. Lächelnd fasste
der Geist meines Bruders meine Hand. „Siehe", sprach er,
.,die ewige Schöpfung! Nie ist Aufhören, nie Zerstörung.
Was hier zertrümmert, steigt dort in anderen Gestalten
wieder empor; was dort sich zum Urstoff auflöst, mischt

*) „Orkan* steht im Text.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0315