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Klinckowstroem: Ahndung der Zukunft.
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sich hier mit neuen Substanzen. Sonnen ballen sich zusammen
und ihr erster Blick schafft tausend Geschlechter."
Mächtiger arbeitete es indessen im Chaos; brausender
rauschten die Elemente ineinander, und gewaltiger regte
sich das Leben. „Wo ist/' stammelte ich mit einer Beklemmung
, fähig Wesen zu vernichten, „wo ist die Gottheit?"
„Das fragt der Sterbliche", donnerte es von tausend Welten
mir zu, „der undankbare Schwächling, der nur nach sinnlichem
Maasse zu rechnen vermag. Mitten im schöpferischen
Werden, mitten in den grossen Erzeugnissen der Allmacht
bedarf es dieser Frage nicht."
Beschämt sank ich nieder, aber sanft ergriff mich mein
Bruder und hob mich empor. „Bald", sagte er, „wirst Du
nicht mehr tragen, was Du sehen wirst; bald bist Du mir
näher," Getröstet hob ich meine Augen auf, freundlich
lächelte mein Bruder, und — o Wonne, die ich in diesem
Leibe nicht wieder zu fühlen vermag: — mein Weib, die
gute zärtliche Seele schwebte mir entgegen. Ein Strahlengewand
umfloss sie, und ihr Blick war der Blick der Äuhe,
mit dem sie einst von mir schied. „Ewige Wonne!" rief
ich, öffnete meine Arme, sie zu umschlingen und — erwachte.
Ich lag noch auf der Bank unter den Kastanienbäumen;
der Vollmond stand in seiner stillen Pracht mir gegenüber
und heiligte die Gegend zum Ort der Anbetung. Ich wollte
beten und sank auf meine Kniee. „Unbegreifliches Wesen 1"
sprach ich, und es stockte Wort und Gedanke.
Mein Blut war in mächtiger Wallung; ich legte mich
zur Euhe und genoss des sanftesten Schlafs. So werde ich
einst sterben, ach bald, bald so wieder einschlafen, um für
die Ewigkeit zu erwachen. Begrabt mich, meine Lieben,
unter jene Bäume, wo ich so süss träumte, dass ich dort
zur Wirklichkeit erwache!"
I1L Abtheilimg.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Neues von der Schlaftänzerin.
Berichtet vom Red. Dr. JPV. Maier.
Mit der Schlaftänzerin Madame Madeleine befasste sich
(nach einem Bericht der „Augsb. Ab.-Ztg." vom 2t./III. er.)
die „Psychologische Gesellschaft München" in ihrer Sitzung
vom 17. März. Nach einem einleitenden Vortrage des Dr.
.Freiherrn v. Sehrenck-Notzing wurde über die somnambulen
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