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Maier: Neues von der Schlaftänzerin.
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Demonstrationen einzuladen. Nichts lag ihr ferner, als ans
der Schlaftänzerin ein allgemeines Schau- oder Kampfstück
zu machen. Es ist wie so vieles, was in dem sich leider
nachträglich einstellenden Streit behauptet wurde, auch
nicht den Thatsachen entsprechend, dass die „ Psych. Ges.",
um Sensation zu erregen, den „Aerztlichen Vereina um ein
Gutachten angegangen habe, weil ihr daran gelegen war,
die Echtheit der Hypnose bestätigen zu lassen. Richtig ist,
dass der „Aerztliche Verein11 den Gedanken anregte, ihm
das Phänomen vorzuführen, und dass die „Psych. Ges."
diesem Wunsche auf ihre Kosten in entgegenkommender
Weise willfahren zu müssen glaubte. In der „Aerztlichen
Rundschau0 ist bekanntlich die Sache in einem entgegengesetzten
Sinne und nicht gerade wohlwollend dargestellt
worden. Die „Psych. Ges.a hat wirklich nur das vielleicht
verzeihliche Vergehen sich zu Schulden kommen lassen,
etwa 3000 Personen — meistens Künstlern und Litteraten
— kostenlos einen unvergesslichen Genuss bereitet zu haben,
während sie, um die sehr hohen Spesen auszugleichen, von
etwa 1800 Personen ein Eintrittsgeld erhob. Irgend welche
Vortheile sind ihr nicht erblüht, man müsste denn nur die
grosse Mühe und Arbeit, die durch das Arrangement ihr
erwuchs, für einen genügenden Dank halten. Dass Angriffe
kommen würden, hat die' Gesellschaft, wenn sie ihrem
Namen nur einige Ehre machen sollte, ohne von Magnin
hypnotisirt za sein, im vollständig wachen Zustande vorher-
sehen müssen. Die Gegner hatten zwar die Güte, die Ehrlichkeit
der Mitglieder nicht zu bezweifeln und haben sie,
milde genug, nicht auf ihre Zureehnungsfahigkeit hin prüfen
wollen. Man gab auf Seiten der Opposition gerne zu, dass
sie sich nun einmal in den lächerlichen Wahn einer Hypnose
verrannt hätten, und theils aus Eigensinn, theiis im
guten, naiven Glauben an ihr Recht, sich ohne erhebliche
Blamage nicht mehr zu einer besseren Ueberzeugung bequemen
wollten, die man ihnen zwar nicht mit Begriffen,
sondern mit den bekannten Worten, die sich mit gewohnter
Zuverlässigkeit, wo jene fehlen, einzustellen pflegen, beizubringen
suchte. Ueber die sehr missliche Tbatsache, dass
sämmtlicbe Fachärzte — es waren deren 14 und
darunter erste Autoritäten wie Dr. Löwenfeld —, die Zeit
und Gelegenheit zu eingehenden Prüfungen hatten, sich für
das Bestehen eines hypnotischen Zustandes aussprachen, sah
man mit jener spielenden Eleganz hinweg, die nur zu noth-
wendig war, dieweilen sich der Opposition, öffentlich wenigstens
, keine einzige Autorität zur Verfügung stellen wollte.
Dafür, dass die Münchener Bevölkerung von der Sache ein
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