Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 336
(PDF, 224 MB)
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336 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1904.)

und christlichen Urgeschichte glaublich, aber die der indischen,
ägyptischen u. s. f. Mythologie lächerlich findet. Und er
sagt ganz richtig: entweder müsse man die Wunder auf
allen, oder auf keinem Gebiete anerkennen. Natürlich anerkennt
Strauss die Möglichkeit eines Wunders, d. i. „eines
Geschehens, das aus dem Wirken und Zusammenwirken
endlicher Ursächlichkeiten unerklärlich ist14, absolut nicht:
die Erklärung der Wunder Jesu liegt — nach ihm — nicht
bei der Psychologie und Physiologie, sondern auf religionsgeschichtlichem
Gebiete, sie liegt in der jüdischen und urchristlichen
Erwartung des kommenden Messias. Die Wunder
sind Kennzeichen der messianischen Beglaubigung; bei der
Denkart seiner Zeitgenossen musste Jesus Wunder thuen,
ob er wollte oder nicht. —

Mit unerhörter Kühnheit gab Bruno Bauer*) eine rücksichtslose
Kritik der Evangelien, sie als litterarische Produkte
ihrer Zeit behandelnd, und ihre innige Verwandtschaft
mit, sowie ihre Entstehung aus der stoischen und
aiexandrinischen Philosophie erweisend. Mit respektloser
Rücksichtslosigkeit ging Bauer über die „Mythusu - Auffassung
von Strauss hinaus und zeigte auch, wie das Judenchristenthum
erst durch Paulus zur Weltreligion geworden
ist. Das schöpferische Prinzip der Evangelien, ja auch der
Offenbarung des Alten Testaments ist das ausser sich gekommene
, entäusserte und entfremdete Selbstbewusstsein
des absoluten Geistes. So rücksichtslos Bauer in der Theologie
Altes, Unhaltbares niederriss, ebenso rücksichtslos
räumte er (mit seinem Bruder Edgar) mit morschen Einrichtungen
in Staat und Gesellschaft auf. Dabei blieb er
aber Hegelianer und Idealist.

(Fortsetzung folgt.)

*) Bauer (geh. 1809, f 1882) wies in seinen beiden Hauptwerken
„Kritik der evangelischen Geschichte des Johannes" (1840) und
„Kritik der evangelischen Geschichte der Synoptiker" (1842) nach,
dass das Johannesevangelium im Geiste der jüdiseh-alexandrinisehen
Philosophie frei erfunden sei, während Matthäus und Lukas Bearbeitungen
eines „Ur-Markus" seien. Bruno9* jüngerer Bruder
Edgar war noch radikaler als jener, und hat in seiner Kritik der
Gesellschaft manche Aehnlichkeit mit Stirner. — Br. Bauer ist
übrigens nicht zu verwechseln mit Strauss7 Lehrer Ferd. Chr. Baur,
dem Begründer der sogenannten Tübinger historischen Schule, der
die Religionsphilosophie im Sinne Schleiermacher's fasste und in
Bezug auf die Auffassung des Urchristenthums Epoche machte
(t 1860).


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