Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 355
(PDF, 224 MB)
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v. Seeland: Die Logik der materialistischen Lehre etc. 355

nun aber besagte Kraft ihre unwillkürliche Wirkung selbst
auf diese Ueberkiugen auszuüben pflegt, so müsste sie von
ihnen so zu sagen als „wahre Unwahrheit" betrachtet werden,
indem ihr Gemüth und ihr Schönheitssinn sich derselben
zu-, ihr Denken und ihre „wissenschaftliche" Ueberzeugung
aber sich von ihr abwendet. —

Ein Optimismus, der den Durchschnittszustand des
Lebens, wie wir ihn derzeit vor uns sehen, gut finden
wollte, würde auf Leichtsinn oder auf Gefühllosigkeit
deuten. Das All ist noch nicht gut, aber der innere
Drang zum Ideal und die Naturbeobachtung - hiervon
später mehr! — berechtigen uns anzunehmen, dass es die
Kraft und die Bedingungen zur dereinstigen, wahrhaften
und allseitigen üeberwindung des üebels in
sich schliesst, und eben dies ist der tiefere Inhalt des
echten religiösen Glaubens. Diesem hohen Ideal können
also nur Kunstgebilde von vollendeter Harmonie und
Schönheit entsprechen; in ihnen wird Dasjenige proleptisch
(in Vorwegnahme) schon erfüllt, was faktisch noch in
weiter Ferne liegt. Wie wäre es also möglich, die idealistische
Kunst den splitterdürren, dürftigen Idealen einer
materialistisch-negativistischen Weltanschauung anzupassen ?
Wie könnte z. B. ein Madonnengesicht von Raphael, ein „Christus
am Oelberg", eine Messe von Beethoven für den Ausdruck einer
Weltanschauung gelten, die nur den Schein einer Sühne
für Schmerz und Unrecht in Aussicht stellt? Wie könnte
das Gefüge eines gothischen Domes einem abstrakten todten
„Weltgesetz" oder „Schicksal" errichtet werden oder dem
gedanklichen Konstatiren eines solchen entsprechen? Zwar
hält einer der bedeutendsten materialistischen Führer,
Dühring, die Gothik hoch und für den „Vorstellungsausdruck
einer erhabenen Weltansicbt neurer Völker,"*) doch
passt auch seine eigene Weltansicht schlecht zu solchen
Dingen. Allerdings ist seine Auffassung des „Weltgrundes"
eine tielere und ernstere, als die der übrigen Wortführer
des Materialismus {Dav. Fr. Slrauss, den ästhetisch eben
so fein empfindenden, wie logisch scharf denkenden Hegelianer
ausgenommen); auch hält er dafür, dass die Ausgleichung
des Unrechts zu den Grundbedingungen des Seins
gehöre, während hingegen universelle Lebenserlöschungs-
perspektiven (die solcher Ausgleichung im Wege stehen)
für eine Frivolität des Gemüths und Verstandes zeugen.
Allein auch sein, den Religionsgott ersetzen sollendes „Ja-
Nein" ist viel zu halb und widerspruchsvoll; auch ist, wie

*) „Der Ersatz der Religion" etc. 1897, Kap. 17.


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