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Heliodor: Zur Methode spiritistischer Untersuchungen. 369
noch Philon Judäus von ihnen schreibt: „die Magier seien
weise Männer, welche durch stille und fleissige Erforschung
der Natur zur Erkenntniss der Wahrheit gelangen und
wieder andere in diese Geheimnisse einführen.*
Dass aber diese Kenntnisse bedeutungsvoll waren und
ihren Besitzern Fähigkeiten verliehen, die weit über das
Normale hinausreichten, wird uns durch zahllose Bemerkungen
und Berichte bezeugt und geht schon daraus hervor,
dass die Cäsaren entweder auf das Begierigste diese Magier
in ihren Dienst nahmen oder auf das Grausamste verfolgten.
Es fällt jedem Kenner der antiken Kulturgeschichte auf,
mit welchem zielbewussten Eifer die Bibliothek des alexan-
drinischen Serapeums — welche bekanntlich der Foeus
der orientalischen Geheim Wissenschaften war — vernichtet
wurde und mit welcher Energie und beispiellosen Gründlichkeit
Valens die Privatbibliotheken des Orients zerstörte
und Tausende von Gelehrten einzig um ihrer Kenntnisse
willen todten Hess, Diese grosse Verfolgung des Okkultismus
ist zu meinem grössten Erstaunen fast ganz in Vergessenheit
gerathen, aber Ammianus Marcellinus und Etwapius
zeugen übereinstimmend von dieser empörenden systematischen
Ausrottung der tieferen Naturwissenschaft.
Von da an war sie im grossen Ganzen todt, denn was
uns die tastenden Versuche des Mittelalters, ein Boilstädt,
Agrippa oder Paracelsus boten, waren doch nur gelegentlich
Ueberliefertes und die letzten Reste der alten Magie, so
wie sie durch die Araber und Kabbalisten aus den alexan-
dr mischen Traditionen gerettet und heimlich fortgepflanzt
wurden, soweit nicht die Araber aus ihrer früheren Berührung
mit den Sabäern selbstständige okkulte Erfahrungen
mitbrachten. Aber die Quelle der tieferen Erkenntniss von
dem Wesen des menschlichen Geistes war versiegt Wenn
wir sie neu eröffnen wollen, so wäre unsere erste Pflicht,
in den vorhandenen Manuskriptsammlungen des Orientes zu
forschen; es ist kein Zweifel, dass diese Arbeit durch die
werthvollsten Entdeckungen belohnt würde, da die 16000
Manuskripte des Athos, die uralten Papyri der Klöster der
Cyrenaica, des Karmel, die Sammlungen auf Oypern, Rhodus,
zu Caesarea und Alexandrien, die Volksüberlieferungen
Syriens und Aegyptens m dieser Beziehung eine völlige
terra incognita sind, nicht minder wie die Bibliotheken der
römischen Nobili und des Vatikans, welche nach einigen
neueren bibliographischen Notizen überraschende Funde von
neuplatonischen und neupythagoräischen Werken verheissen.
Muss sich nun nicht Jedermann, der von diesen That-
sachen weiss, sagen, dass es nicht möglich gewesen wäre,
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