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Heliodor: Zar Methode spiritistischer Untersuchungen. 371
Gelegentlich dieser Untersuchungen drängten sich aber
mir selbst verschiedene Ueberzeugungen auf, und die sind
die eigentlichen Ursachen dieser Zeilen. Das Wichtigste
aller wissenschaftlichen Arbeit ist die Methode und ich
glaube, dass die gegenwärtig geübte Methode pneuma-
tistischer (das ist wohl der richtigere Ausdruck statt „spiritistischer
"} Untersuchungen einer Verbesserung bedarf.
Ich habe bisher den modernen Spiritismus absichtlich
nicht in Betracht gezogen, da ich über ihn besonders reden
will. Das Wesentlichste seiner Lehren ist durch die Beobachtung
von Medien gewonnen worden: — kein Wunder
also, dass er stets mit dem grössten Misstrauen zu kämpfen
hat, da die möglichen Fehlerquellen so beträchtlich vermehrt
wurden. Ich will die bona fides der meisten Medien
nicht in Zweifel ziehen, aber ich muss mir sagen, dass
Jemand, der zu dem Zwecke engagirt wird, Phänomene
hervorzubringen, und sein Renommee verliert, wenn sie öfters
ausbleiben, auf das Stärkste der Versuchung ausgesetzt ist,
„sein Glück zu korrigken." Ich habe ja selbst die Erfahrung,
dass sich die Phänomene nur unter ganz bestimmten Erregungszuständen
, deren nähere Bedingungen vorläufig nicht
bekannt sind, einstellen; - schon diese Erwägung allein
spricht gegen jede berufsmässige Mediumität. Man wird
nun einwenden, dass, wenn wir auf die Medien verzichten,
wir uns dadurch der besten und überzeugendsten Manifestationen
berauben. Dies ist richtig, aber ein einziges Phänomen
, wenn noch so geringen Grades, in ganz zuverlässiger,
durchaus kontrollirbarer Weise hervorgerufen und gut studirt,
ist ein grösserer Gewinn als noch so interessante Materialisationen
, bei denen immer noch einige Bedingungen ungeklärt
bleiben müssen. Ich habe die feste Ueberzeugung,
nichts schadet dem Spiritismus mehr, als die Söancen.
Wenn er über die Kinderkrankheit hinaus ist, 9 Vorstellungen
aus einer anderen Welt" zu geben, dann wird er erst beginnen
, zu dem zu werden, was die Magie einstmals war:
die schärfste Anstrengung des Geistes, seine eigenen Räthsel
zu lösen. [Sehr richtig! — Red.]
Auch in dieser Beziehung kann uns die Geschichte der
beste Lehrmeister sein. War es vielleicht blosse Wichtig-
thuerei, weshalb sich die Mysterien und Mystagogen des
grossen Zulaufes und des staunenden Beifalles der Menge
beraubten? Warum unterschieden sie so strenge zwischen
„Epopten"und „Autopten", warum wahrten sie so unnachsicht-
lich ihre drei Grade, warum beschränkten sich die Höchsten
unter ihnen auf streng geschlossene Kreise? Warum musste
man Prüfungen durchmachen, sich erst des steigenden Ver-
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