Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 394
(PDF, 224 MB)
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394 Psychische Studien. XXXI Jahrg. 7. Heft. (Juli 1904.)

logie ist Anthropologie. Hätte der Mensch keine Wünsche,
so hätte er keine Götter. Was der Mensch sein möchte,
aber nicht ist, dazu macht er seinen Gott; was er haben
möchte, aber sich nicht zu schaffen weiss, das soll
sein Gott ihm schaffen. Der Wunsch nach Besserem,
Grösserem, Höherem, mit einem Worte: nach Glück, also
der Glückseligkeitstrieb ist der eigentliche Schlüssel zu
jeder Religion. Feuerbach ist also Eudämonist und der
Glückseligkeitstrieb ist ihm der Trieb aller Triebe. Ehe
nun der Mensch sein eigentliches Wesen in sich findet, verlegt
er es ausser sich, daher ist jeder herrschenden Religion
die frühere Götzendienst. Religion ist das Verhalten
des Menschen zu seinem eigenen Wesenskerne, der noch
nicht als solcher erkannt ist, sondern als fremder betrachtet
wird. Gott ist nichts anderes, als das Innere des Menschen
, befreit von individuellen Schlacken und verobjekti-
virt angeschaut als ein von seinem eigenen unterschiedenes
Wesen. Das Wunder ist der verwirklichte Wunsch: die
Natur überwunden zu sehen; aber den physikalischen Wun-
dem des Christenthums müssen moralische Wunder entsprechen
. Deshalb ist auch die Ehelosigkeit das Geheimnis
des esoterischen Christenthums. (Nur wenn man
meint, dass das Christenthum aus Menschlichkeit und
Natürlichkeit und nicht aus Göttlichkeit entsprungen ist,
dann wäre die Ehe gestattet.) Der Glaube an die Unsterblichkeit
der Seele ist der Wunsch des Menschen mit
Gott, d. h. mit seinem eigenen höheren Selbst vereinigt zu
werden. Wäre der Mensch nicht unsterblich, brauchte er
keinen Gott. Der Himmel ist der erweiterte Gott und das
Jenseits das idealisirte Bild des Diesseits. Das dunkle
Jenseits füllt der Mensch mit den Gestalten des Diesseits
aus. Hegel hatte erklärt: des Menschen Bewusstsein von
Gott sei Gottes Selbstbewusstsein; Feuerbach aber lehrte:
des Menschen Bewusstsein von Gott ist des Menschen Selbstbewusstsein
. Durch diese Selbstvergottung wurde das theologische
Problem in ein psychologisches, die Theologie in
Anthropologie verwandelt. Die praktische Konsequenz, welche
Feuerbach daraus zog, war eine hochwichtige: „Das höchste
und erste Gesetz muss die Liebe des Menschen zum Menschen
sein. Homo homini deus est — das ist der oberste praktische
Grundsatz, das der Wendepunkt der Weltgeschichte."*) Die
Menschenliebe ist die einzig wahre Gottesliebe."

*) L. Feuerbachi „Das Wesen des Christenthums" (IL Aufl.) p.
402. — In politischer Hinsicht charakterisiren Feuerbach, einen
Mann von Edelmuth, seltener Uneigennützigkeit und Bescheidenheit
, die drei Aussprüche: „Ich gebe keinen Schuss Pulver für die


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