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424 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1904.)
nhd. schön
russ. uie verw. junyj Jung"
nhd. Mos („nackt")
ahd. küm „krank"
nhd. nahe
russ. chotja (partic. „wollend")
nhd. Trotz (subst.)
| „schon"
„blos" (==» nur)
kaum"
nach"
„obgleich"
„trotz" (praep.)
Auch die höchsten" und scheinbar komplizirtesten Ge-
fühlswerthe lassen sich unter den entwickelten Gesichtspunkten
widerspruchslos betrachten und „erklären"; so ist
z. B. das „Mitleid" (wo es wirklich — nicht nur seine „Bezeichnung
— auftritt) dadurch bedingt, dass ein „Mit-mensch"
oder auch überhaupt nur ein „lebendes Wesen" ein wirkliches
Glied desjenigen Koordinationssystems bildet, von
dem unser „Ich" abhängt; durch eine Schädigung eines
solchen Gliedes leidet also das ganze System — unser
„Ich" — mit. Die Geschichte der ethischen „Anschauungen"
ist somit, gewissermaassen, auch die Geschichte derjenigen
Koordinationssysteme, die das menschliche „Ich" zu verschiedenen
Zeiten ausmachten.
Das „ästhetische „Ge-fallen bez. Mis-fallen" sind dagegen
solche Gefühlswerthe, die durch eine Vollkommenheit
bez. Störung der Ernährungsverhältnisse nur solcher Koordinationssysteme
bedingt sind, die — im Momente ihrer
Setzung wenigstens — sich in keinerlei („bewusster") Beziehung
" zu unserem „Ich" befinden, keine Glieder desselben
ausmachen; das „Gefallen an einem schönen Weibe" ist
durch die Vollkommenheit8Ö) des Er nährungs Verhältnisses
desjenigen Koordinationssystems bedingt, von dessen
Schwankungs- bez. Arbeits-form der Empfindungswerth
(bez. das Raumbild) „Weib" abhängt; es ist nur solange ein
„rein ästhetisches" (ein Gefallen an der „reinen Form"), als
dieser Empfindungswerth nicht als Glied in mein „Ich" eingeht
; sobald aber dies geschieht, sobald ich das Weib anschaue
„ihrer zu begehren", ist das „Geiallen" nicht mehr
ein rein „ästhetisches".
Die entwickelte Theorie „erklärt" aber auch vollständig
den oft scheinbar sonderbaren Zusammenhang zwischen den
Gefühls- und Empfindungswerthen in den Schimpf-, Kose-
nnd Lobnamen.
85) Darauf beruht auch die bekannte wohlthuende Wirkung der
Naturschönheiten und der Kunst.
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