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liivola: Ueber die Seele ab Kraftprinaip.
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zu begreifen, als formale Prinzipien, aus welchen die Formen
der Dinge entstehen. So fasst sie auch Dühring auf, indem
er dieselben, welche er Krafttypen nennt, als ein schaffendes
Element bezeichnet, welches den verschiedenen Gestaltungen
bildend zu Grunde liegt, und die Basis dieses Realismus
ist ihm das Spezifikationsgesetz. Wenn nun H. Spitzer am
Schlüsse seiner Schrift „Nominalismus und Realismus in
der neuesten deutschen Philosophie mit Berücksichtigung
ihres Verhältnisses zur modernen Naturwissenschaft, Leipzig
1876/ dem ßüht ing'schen Realismus gegenüber sich dahin
ausspricht, 9es lasse sich wohl nicht läugnen, dass das
Naturdasein allenthalben spezifizirt sei, d. h. dass mit
grosser Deutlichkeit Gattungen in demselben hervortreten;
aber es heisse den festen Boden der Erkenntniss verlassen
und in die Nebelregionen der Transszendenz hinüberschweifen
, wenn man diesen Gattungen gestaltende Typen
zu Grunde lege, die Spezifikation durch bildnerische Allgemeinheiten
erklären wolle; der Ursachen suchende Verstand
müsse hier vor der Wirklichkeit Halt machen, alles
Forschen nach einem Grunde des realen Verhältnisses sei
vergebliche Mühe und scheitere an den festen, unüber-
steigbaren Grenzen der menschlichen Erkenntniss: — so
adoptirt er damit jene wesentlich ffanf sehe Ansicht rücksichtlich
der menschlichen Erkenntniss, wornach diese auf
die Erfahrung beschränkt sei, weshalb auch F. A.
Lange, der selber dieser Ansicht beipflichtet, in seiner „Geschichte
des Materialismus", (Iserlohn 1866) von Fant behauptet
, dass er der Philosoph der empirischen Naturwissenschaft
sei. Es gilt auch bei dem wohl grösseren
Theile der neueren Naturforscher die mit dem Ifant'schen
Kritizismus verwandte, wenn auch nicht auf dessen Aprioris-
mus und Subjektivismus beruhende Maxime, Alles, was
jenseits der Grenzen exakter Forschung liege, von dem Bereiche
wissenschaftlicher Erkenntniss schlechthin auszu-
schliessen, die Natur in ihrer objektiven Erscheinung für
erkennbar, dagegen die Erkenntniss ihres inneren Wesens
und Grundes als dem menschlichen Wissen verschlossen zu
erklären. Als Vertreter dieses Standpunktes erweist sich
namentlich Virchow; es ist darum erklärlich, dass er fortwährend
gegen die Richtung solcher Naturforscher kämpfte,
welche, die Grenzen der objektiv-exakten Forschung überschreitend
, Vermuthungen als Zuversicht, wie er sich ausdrückt
, und Probleme als Lehrsätze hinzustellen pflegten.*)
*) Auf demselben Standpunkte stellt auch A. Comtel der Begründer
der s. g. positiven Philosophie dieses Jahrhunderts m Frank-
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