Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 440
(PDF, 224 MB)
Bibliographische Information
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440 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1904.)

s t ö s s e n zurückgewiesen. Dies dauerte volle zwei
Wochen, so lange, bis die Zeit die Federn wieder entfärbt
hatte. Romanes erzählt einen ähnlichen Fall von Misoneis-
mus, den man einen experimentellen nennen könnte. Ein
Hund spielte mit einem'Knochen nach voller Herzenslust,
indem er ihn bald dahin, bald dorthin schleuderte. Romanes
kam es in den Sinn, an dem Knochen eine Schnur zu befestigen
und ihn vor den Augen des Hundes rasch hin und
her hüpfen zu lassen. Der Hund entfernte sich sofort
voll Angst von dem Knochen und war nicht mehr zu
bewegen, sich diesem zu nähern, auch dann nicht, als die
Schnur von dem Knochen losgemacht worden war. Romanes
sieht darin den Beweis eines schon gut entwickelten Keimes
der Einbildungskraft des Thieres oder, wie er es nennt,
eines besonderen Empfindungsvermögens für das Unbekannte,
das Mysteriöse, das bei den menschlichen Arten mehr
ausgebildet wurde und zur Entstehung der Religionen geführt
hat.

Diese Schlussfolgerung ist aber durchaus irrig. Das
Entsetzen des Hundes vor der neuen Eigenschaft des
Knochens, der Hühner vor ihrer bemalten Genossin und
der Affen vor ihrem angekleideten Genossen ist zweifellos
(genau wie bei den Kindern) die Wirkung nicht etwa der
zu grossen Einbildungskraft, die dahin führt, zu glauben,
dass es sich da um hunderterlei geheimnissvolle und wohl
auch gefährliche Eigenheiten handle, sondern eben gerade
des Mangels an Einbildungskraft, die den zu
schwachen oder krankhaften Gehirnen nicht gestattet, ohne
eine grosse Anstrengung und folglich ohne einen Schmerz
den Szenenwechsel der primitivsten Sinneseindrücke zu ertragen
. Und daher trachten die Thiere, um nicht leiden
zu müssen, diesen Wechsel der Sinneseindrücke zu vermeiden
; und wenn sie dazu gezwungen sind, reagieren sie
dagegen wie gegen alle Schmerzen, durch Geschrei und
Flucht, und der Mensch rächt sich durch die Strafgesetze,
durch die Verfolgungen und durch den Hohn und den
Spott, mit denen man allen Erfindern begegnet.
Selbstredend bezieht sich dies nur auf alle bedeutenden
Neuerungen; die kleinen Neuerungen
der Mode u. s. w. rufen nicht nur kein Entsetzen hervor,
sondern erwecken, wie das Spielzeug bei den Kindern, einen
eigenen angenehmen Reiz, einen Sinnenkitzel der Nervenzentren
, die der Abwechslung bedürfen. Aber wehe, wenn
die Grenze überschritten und die Neuerung eine radikale
ist! Der Mensch duldet sie nicht und betrachtet deren Urheber
als Verbrecher. —


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