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E.....: Merkwürdige Erlebnisse. 483
Seite in den Wagen zu steigen. Dicht vor mir «ging ein
einfacher Soldat. Plötzlich fühlte ich auf dem schön ebenen
Wege einen sehr heftigen Stich in einem meiner Hacken.
Der nur momentane Schmerz in dem ganz gesunden Fusse
war so heftig, dass ich stehen bleiben musste. Im selben
Augenblicke stürzte die hohe Ramme quer über die Brücke
und der Eisenklotz daran traf den dicht vor mir gehenden
Soldaten und verwandelte ihn in einen unkenntlichen
Klumpen. Der Moment, wo ich im Weiterschreiten zögern
musste, rettete mich vor dem gleichen Schicksal. — —
IV.
Ich hatte einen jungen Blutsverwandten, den ich sehr
liebte und der viele 100 Meilen entfernt von mir lebte.
Ich schrieb ihm nicht oft, aber jedes Mal dann, wenn ich
Nachts plötzlich von Angst um ihn befallen wurde. Später
sagte mir seine Mutter, er habe die Aeusserung gethan:
„Wie sonderbar ist es doch, dass ich jedes Mal einen Brief
mit einer speziellen Warnung von Tante M. erhalte, wenn
ich gerade im Begriff bin, dasjenige zu thun, wovor der
der Brief mich warnt." —
Eines Tages sah ich im flüchtigen Morgentraum eine
graue Wolke über dem Kopf des Jungen an der Zimmerdecke
schweben. Ich schrieb ihm sogleich: „Du bist sicherlich
von einem Uebel bedroht, aber fürchte Dich nicht, es
erreicht Dich nicht." Prompt traf die Antwort ein: „Ich
bin im Militärlazareth und scharlachverdächtig." Dann kam
wochenlang keine Nachricht und ich sorgte mich um den
Jungen. Da träumte mir, dass ich einen Brief erhielt, in
dem eine rothe Blume an einer Haarnadel befestigt enthalten
war, und ich las: „Liebe Tante, stecke Dir diese
Blume ins Haar." — Ich ging sofort Morgens zu einem
meiner Verwandten und sagte: „Der Junge muss gesund
sein; er will, dass ich mich darüber freue." — Die Antwort,
die ich erhielt, lautete: „Soeben kam ein Brief mit der
Nachricht, dass der Junge aus dem Lazareth als gesund
entlassen ist."
Seitdem glaube ich an Telepathie.--
Gelegentlich einer Unterhaltung mit einem Freunde
unserer Familie, wurde mir vor Jahren eine zwar wenig
taktvolle und mich damals sehr verletzende, aber dennoch
interessante Mittheilung gemacht. Wenn ich diese sonderbare
Geschichte hier erzähle, so geschieht es, weil sie von
Interesse für psychisch Forschende ist und ich ein gutes
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