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Psychische Studien.
Monatliche Zeitschrift,
vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene
des Seelenlebens gewidmet
31. Jahrg. Monat September. 1904.
L Abtheilung.
Historisches und Experimentelles.
Geistige und soziale Strömungen bei der Wiedergeburt
des modernen Okkultismus,
Eine kulturhistorische Studie.
Von G. Ij. Dankinar.
(Fortsetzung von Seite 468.)
Vom Anfang der vierziger Jahre an wandte sieh
Bettina mit ihrem warmen Herzen volkswirtschaftlichen
Problemen zu und ein merkwürdiges, freundschaftliches
Verhältniss spann sich zwischen ihr und König Friedrich
Wilhelm IV» dem „Romantiker auf dem Thron der Cäsaren",
an. Ihm gegenüber war sie ein unerschrockener Anwalt
der halbverhungerten schlesischen Weber, deren Elend sie
aufdeckte. Sie führte eine freimüthige Korrespondenz mit
dem schöngeistigen König, in welcher sie ihm manch guten
Rath ertheilte und seine Minister und Rathgeber schonungslos
angriff: „Staat nennen sie ihre eigene Position; der Besitz
ihrer Portefeuilles, ihr Ansehen, die ihnen verliehene
Machtvollkommenheit, das allein ist der Staat, der Gefahr lauft
und dem sie jedes ungerechte Opfer schlachten." Sie war
stets eine Fürsprecherin der Armen und Bedrückten und
prophetisch wies sie auf neue Zielpunkte hin, nach denen
die Bewegung der Geister drängte. — 1843 gab sie die
tief gedachte Schrift: „Dies Buch gehört dem Könige 1"
heraus, in welchem sie die Ursachen des Massenelends und
der daraus entspringenden Verbrechen aufdecken will. Es
ist in Gesprächsform geschrieben, meist führt die „frau
Rath" das Wort. Bettina tritt für die ökonomische Wohlfahrt
der Menschen ein, welche sie als unerlässliche Eun-
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