Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
31. Jahrgang.1904
Seite: 524
(PDF, 224 MB)
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524 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 9. Heft. (September 1904^

spricht, steht: „Tel est notre plaisir;'4 Goethe ist anmaassend
oder ein Pedant, vielleicht beides." Goethe, so meint er
ferner, hätte bei seiner kolossalen Autorität, die er besessen
, „der Herkules sein können, der den Augiasstall
seines Vaterlandes gereinigt hätte; so holte er sich bloss
die goldenen Aepfel der Hesperiden, die er für sich behielt
/' Und er nennt Goethe den „gereimten Knecht", wie
Hegel der „ungereimte" ist. — Ist nun dies Alles, wenn es
schon sicher übertrieben ist, so gänzlich ungerechtfertigt
? Fern sei es von uns Kleinen, die ragende Grösse
des Weimar'sehen Olympiers anzutasten; aber er war eben
doch auch ein Mensch mit menschlichen Schwächen, ein
Produkt seiner Zeit, seiner höfischen Umgebung, und so
sehr man heute auch seine Werke bewundert mit schuldiger
Ehrfurcht, —diese Ehrfurcht lässt bei manchen Werken
die Liebe nicht aufkommen: sie lassen uns kalt, wie
wohlgeglätteter Marmor! Man staunt sie an, aber nichts
ist in ihnen, was von Herz zu Herzen spräche. D a s s man
Goethe hochpreist, das ist erklärlich, natürlich; wie man
das aber thut, ist charakteristisch: man behandelt ihn ernst
und trocken, man erklärt, erläutert, kommentirt ihn, sammelt
Parallelstellen, wie als ob es sich nicht um Kunst,
sondern um Wissenschaft handelte.

Wenn nun Börne Goethe vorwirft, dass hinter seinem ästhetischen
Sinn und Forschertrieb sein Gerechtigkeitssinn zurückblieb
, und wenn er seine politisch-soziale Thätigkeit angreift, so
bitten wir den Leser, um dies nicht ganz ungerechtfertigt zu
finden, sich an Folgendes zu erinnern: Wie hat sich Goethe zur
grossen französischen Revolution verhalten? Er hat (in seinen
Farcen) nur Hohn und Spott für sie gehabt, ganz im
Gegensatze zu anderen Heroen unserer klassischen Littera-
tur: zu Schiller, Klopstock, Hegel, Wieland, Herder. Goethe
schrieb — getreu seiner Maxime: „lieber eine Ungerechtigkeit
ertragen, als eine Unordnung dulden" — damals: „Franzthum
drängt in diesen verworrenen Tagen, wie ehemals
Lutherthum es gethan, ruhige Bildung zurück"; er sah die
stetig und allmählich sich entwickelnde Kultur durch die
Katastrophe der französischen Revolution gestört und darüber
Hesse sich vielleicht streiten. Dass er aber durch so werthlose
Machwerke, wie „Der Bürgergeneraltt und „Die Aufgeregten
* diese titanische Manifestation verhöhnen wollte, das
ist, wie der wackere Joh. Scherr sehr richtig urtheilt, „ein
dunkler Flecken an der Sonne seines Ruhmes." Ferner
denke der Leser an Goethe9s ängstliches Benehmen im
Atheismusstreite Fichte's; und will man ihn in seinen Beziehungen
zu nationalen Ideen kennen lernen, so erinnere


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