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Hinkovid: Eine mediale Familie
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zu lernen und folgsam zu sein und rügt in väterlicher
Weise jeden ihrer Fehler und jede ihrer Unterlassungen.
Unlängst schrieb eine der Schwestern medial, de»
Vaters Bruder, den Niemand erwartet hatte, sei aus Dai-
matien in Zagreb eingetroffen. Die Thür öffnete sich und
der Onkel trat ein.
„Wir wussten, dass Du kommen werdest," begrüssten
ihn alle freudig zu seinem grossen Erstaunen.
Eines Tages begannen die Mädchen automatisch zu
zeichnen und zu malen. Durch die jüngste der witzige und
geistvolle Roko allerhand Spässe und Karikaturen, durch
die mittlere der ernste Adolfo wahre Kunstwerke.
Durch die liebenswürdige Einladung der Hausfrau hatte
ich wiederholt Gelegenheit, jene beiden Künstler aus der
anderen Welt bei ihren Arbeiten bewundern zu können.
Ich muss hervorheben, dass die Mädchen im Malen
Unterricht nehmen. Die mittlere — Zoe —, die kaum das
fünfzehnte Jahr überschritten hat, ist, nach den Arbeiten
zu urtheilen, die ich gesehen, ein ausgesprochenes Malertalent
und würde sie in dieser Kunst, wenn sie sich ihr
widmen würde, gewiss eine glänzende Zukunft erwarten.
Wie das Schreiben, geschieht auch das Zeichnen und
Malen vollständig unbewusst Zwar ist das Medium nicht
im sog. Trance. Wenn die Mädchen medial arbeiten, sind
sie in ganz normalem geistigen Zustande. Doch ist das
Produkt ihres Schaffens völlig unabhängig von ihrem Willen,
Sie wissen einfach nicht, was sie machen, und verfolgen die
mechanische Arbeit ihrer Hände mit derselben Neugierde,,
wie die übrigen Zuschauer.
Uebrigens ist zwischen den zwar sehr geschickten, aber
doch schülerhaften, und den medialen Arbeiten unserer
Künstlerinnen ein so gewaltiger Unterschied, dass er sofort
in die Augen springt. Niemand würde die einen und die
anderen derselben Hand zuschreiben.
Allein es spricht noch ein anderes unzweifelhaftes Kriterium
für den Automatismus der medialen Arbeiten
unserer Malerinnen: es ist dies die Art ihrer Technik. Wie
erwähnt, manifestirt sich Roko, der Karikaturist, durch die
jüngste Schwester. Mit einigen kühn hingeworfenen Strichen
ist das Bild fertig. Wiederholt hat Roko} wie er behauptet,
auch sich selber karikirtt die Züge tragen stets denselben
Charakter, doch ist die Ausführung immer verschieden.
Es ist einfach undenkbar, dass ein zwölfjähriges Mädchen,
den Stift so starr haltend, wie es das Mädchen thut, in ein
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