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598 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1904.)
werthe Tendenz es freilieh mit sich brachte, dass ein gewisses
unkünstlerisch-rhetorisches Etwas in seinen Dramen
ist. Wie wir das schon oben angedeutet haben: in Gutzkow'*
Charakter lag etwas Selbstquälerisch-zerrissenes — er beging
ja später auch einen Selbstmordversuch — und Unnatur
, bezw. reflektirende Künstelei überwogen bei ihm vielfach
seine künstlerisch gestaltende Kraft. Er schuf stets
mehr, um seine Ideen an den Mann zu bringen, nicht so
sehr für die Kunst, als für den lauten Markt, und nur zu
oft merkt man seinen Dramen an, dass ihrem Schöpfer die
einheitliche, ruhige Sicherheit fehlte. —
Auch Heinrich Laube, ein herber, bärbeissiger, knorriger
Waidmann, der ja später (ab 1850 bis 186G) als Leiter des
k. u. k. Hofburgtheaters in Wien, sich als einer der
grössten Dramaturgen und Regisseure zeigte, wandte sich
mit „Monaldeschi oder die Abenteurer" (1845) dem Theater
mit Erfolg zu und schuf (1847) in dem trotz wiederholten
Verbots oft aufgeführten Schauspiel: „Die Karlssehüler"
sein Meisterwerk, in welchem in dem Kampfe des neuerungskühnen
Freiheitskämpfers Schiller gegen die Tyrannei des
Herzogs Karl Eugen ein künstlerisch verklärtes Abbild der
Kämpfe des jungen Deutschlands gegeben ist. Freilich ist
ihm speziell die Figur des „Regimentsmedicus** Schiller, aus
dem er eine sentimentale, schlottrige, weinerliche Puppe
gemacht, misslungen.
Den Okkultisten interessirt es, dass Laube sich auch
einmal für sein dramatisches Schaffen einen Stoff aus der
Hexenperiode gewählt hat. Er bearbeitete nämlich Pastor
Meinhold'% 1843 erschienene Maria Schireidler die „Bernstein-
hexe" 1846 zu einem historischen Schauspiel in 5 Akten
um. Es ist, wir wollen es gleich sagen, ein schlechtes Stück
und Laube hält es selbst dafür; aber nicht nur aus ästhetisch-
dramaturgischen Gründen ist es werthlos, nicht weil es zu
„grausam* ist, wie Tieck meinte, nicht weil das Hexenwesen
gar keine Beziehungen zum heutigen Menschenthum
mehr hat, nicht allein deshalb, weil Laube das von Meinhold
so glänzend geschaffene Zeitkolorit im Drama nicht wahren
konnte, müssen wir gerade dieses Stück für werthlos erklären
, sondern vor Allem weil der Rationalist Laube keine
Ahnung vom springenden Punkt des Hexenwesens hatte,
weil er das Milieu der Hexenperiode nicht kannte und also
auch nicht schildern konnte. Meinhold (aut den wir sofort
kommen) hatte in seiner Erzählung dieses ganz genial geschildert
, Laube verpfuschte M einhold'$ Werk. Aber in der
Vorrede zu dem Stücke erzählt uns Laube, wie er als Junge
mit dem „starren Hinlauschen und Hinhorchen" beschäftigt
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