http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0617
Handrich: Ein ungerechtfertigter Verdacht. 607
ganze Seite ausfüllende Botschaft enthielt, die ich zu lesen
mich sofort anschickte.
Schon die Ueberschrift: „My dear Medium" befremdete
mich, noch mehr aber als ich weiter unten auf die Worte
resp. den Hinweis „your husband* und die Unterschrift
Dr. Chas. Egre stiess.
Es stieg in mir nun der Verdacht auf, das Medium
habe es trotz meiner Vorsicht fertig gebracht, mich zu
täuschen und sich einfach in einem vorher beschriebenen,
für ein weibliches Wesen bestimmten Blatte Papier vergriffen
, das sie alsdann zwischen die Tafeln eskamotirte.
Diesem Verdachte gab ich unverhohlenen Ausdruck und
verlangte, trotz der Versicherung des Mediums, die Botschaft
sei für sie bestimmt, dass sie den Beweis der Echtheit
beizubringen oder die Folgen zu tragen habe.
Eingeschüchtert erklärte sie sich bereit, meinem wiederholten
Verlangen nachzukommen und sich als Beisitzer zu
betrachten, während ich die Manipulation mit den Tafeln
vorzunehmen zur Bedingung stellte.
Während ich jetzt ein unbeschriebenes Blatt zwischen
die Schiefertafeln legte, forderte ich von dem unsichtbaren
Schreiber eine genaue Kopie der Botschaft, gleichzeitig
aber auch, dass das Wort „husband" durchgestrichen und
darüber das Wort „fatheru gesetzt werde.
Nun war ich es, der das Gummiband über die Tafeln
streifte, die Goldsandschachtel darauf stellte und das Ganze
anstatt unter den Tisch auf denselben vor mich hinlegte.
Auf das gegebene Zeichen nahm ich Besitz von den Tafeln,
entfernte das Gummiband und war freudig überrascht, als
ich das Papier mit der wortgetreuen Kopie der Botschaft
versehen, ferner laut meiner Anordnung, das Wort „husband"
mit Goldlinien gestrichen und in der gleichen Handschrift
das Wort „father" darüber geschrieben fand.
Selbstverständlich wurde dadurch der Sinn der Botschaft
entstellt, aber um so überzeugender der verlangte
Beweis der Echtheit des Zustandekommens derselben, sowie
der wunderbaren medialen Begabung der von mir grundlos
verdächtigten und ziemlich rücksichtslos behandelten Mme.
Herman geliefert.*)
" Brooklyn-New York, im Mai 1904.
*) Für deutsche Forscher, die aus bekannten Gründen alle Berichte
über amerikanische Testsitzungen äusserst skeptisch aufnehmen
zu müssen glauben, dürfte diese kleine Probe der auch dort üblichen
Vorsichtsmaassregeln nicht ohne Interesse sein. — Bed.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0617