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620 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1904 )
anderen Gestirnen angezogen worden, so werden die Schwer-
kraft, die chemischen und anderen Kräfte solcher Gestirne
durch jene Stücke entsprechend vermehrt werden müssen, kurz
deren Wirkung dauert fort, wenn auch in anderer Gruppirung.
Nichts weist darauf hin, dass die Schwerkraft der Erde
abnehme oder jemals erschöpft werden könnte; die Summe
der bereits geschehenen Bewegungen um die Achse, um
den Centraikörper u. s. w., sammt den unberechenbaren
Wirkungen der Tages- und Jahreszeiten u. s. w. wird aber
immer grösser, und da die Arbeit dieser Wirkungen dem
Gesetz von der Krafterhaltung selber zufolge in irgendwelcher
Gestalt erhalten bleiben muss, so muss wiederum
die Summe der fertigen Kräfte dabei stetig wachsen.
Was lehrt uns z. B. der Kreislauf des Wassers? In
einer heissen Niederung verdampft eine gewisse Menge
Wasser, die sich darauf zu Wolken verdichtet und schliesslich
als Schnee wieder auf die Gebirge niedergeschlagen
wird. Stellen wir uns nun vor, der bei Wärmerwerden der
Luft wieder als Wasser ins Thal herabfliessende Schnee
würde plötzlich der Wirkung der Schwerkraft beraubt —,
würde da wohl ein Abfluss noch möglich sein? Je mehr
solcher Kreisläufe des Wassers sammt deren vielfachen
Folgen im Laufe der Erdgeschichte stattfanden, eine desto
grössere Menge von Schwerkraftarbeit wurde
dabei ins Werk gesetzt und konsolidirte sich in dem, was
wir als Resultat der Erdgeschichte voi uns sehen; und
trotzdem wurde die Schwerkraft des Planeten selber um
nichts kleiner.
Auch viele andere, an den Stoff gekettete physische
Kräfte entschlüpfen jeglicher quantitativen Betrachtung,
sobald man sie als Ganzes nehmen will. Man kann
z. B. die Kraft eines natürlichen Magneten, so viel
man immer beliebt, durch die Grösse des Gewichts, welches
er im Stande ist festzuhalten, messen: dieses Maass aber
hat immer nur die Bedeutung eines relativen und
augenblicklichen. Denn da die Schwerkraft der
Erde jeden Augenblick aufs Neue anhebt, das vom Magneten
angezogene Stück Eisen aber dennoch nicht fällt, so
muss sich aus ersterem ein entsprechender kontinuirlicher
und unbegrenzter Strom von Kraft ergiessen, der jenem
die Waage hält.*) Wenn auch besagter Magnet nach langer
*) Um ein Kilo in eine gewisse Höhe zu bringen, bedarf es
einer gewissen Wärmemenge. Da aber> sobald die hebende Kraft
dieser Wärme erschöpft ist, die Fallkraft von Neuem in ihre Eechte
tritt, so müssten immer neue Wärmemengen ins Feld geführt
werden, um das Gewicht wieder und wieder zu heben, oder e>-
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