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Litteraturbericht.
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ihrer Handschrift gerichtet sein, anderntheils auf immer neue Bestätigung
dieser Lehren durch Betrachtung der Handschrift bekannter
, zumal historischer Persönlichkeiten. Dass eine so ungewöhnliche
Persönlichkeit — wie der erste Napoleon, mit dem sich
gegenwärtig, hundert Jahre nach Begründung seines Kaiserreichs,
wieder eine umfangreiche Litteratur beschäftigt, auch eine ungewöhnliche
Handschrift haben müsse, ist zu erwarten. Wie ungewöhnlich
, wie veränderlich, wie verworren und räthselhaft sie gewesen
, lässt sich aus den Proben erkennen, die in dem vorliegenden
Hefte zusammengestellt sind und deren Entzifferung ohne ein-
fehendes Studium stellenweise geradezu unmöglich erscheint. Der
losse Namenszug bietet eine erstaunliche Mannigfaltigkeit, je nach
den Umständen, unter denen er entstanden, worüber der begleitende
Text kurze Auskunft giebt. Eine Anzahl damit in Beziehung
stehender Abbildungen ist beigegeben, und die vorzügliche Ausstattung
des interessanten Schriftchens macht dem Verlage wie der
Druckerei (Oswald Mutze in Leipzig) alle Ehre. Jremekke.
El Dosamantismo es la Religion cientifica. La sfntesis cientifico - reli-
giosa del maestro Jesäs Ceballos Dosamantes, presentado por su
disclpulo Gonzalo Pefia y Troncoso. Mexico 1904, /. J. Guerrero
y O. (360 S. 8o).
Die Empfindung, dass die Kirche in ihrer gegenwärtigen Verfassung
und Wirksamkeit dem religiösen Bedürfnisse nur mangelhaft
zu genügen vermöge, ist am lebhaftesten in den römischkatholischen
Ländern, und sie äussert sich bei den leicht erregbaren
romanischen Völkern vielfach als unverhohlener Hass gegen die
Priesterschaft und deren Dogmen. Bedauerlich ist bei dieser Sachlage
, dass durch die Abwendung von der Kirche der materialistischen
Auffassung des Weltganges Vorschub geleistet wird, erfreulich also,
dass diese Folge doch nicht allgemein eintritt , dass nicht wenigen
eine neue Eeligion geboten wird durch den Spiritismus, wenn dabei
auch manches Zweifelhafte und Unklare unterläuft. Insofern der
Spiritismus einer wissenschaftlichen Begründung nicht nur bedürftig,
sondern auch fähig zu erachten ist, wäre in ihm eine Vereinigung
von Eeligion und Wissenschaft zu erwarten. In dem vorliegenden
Buche, ebenfalls amerikanisch-romanischen Ursprungs, wird nun als
„wissenschaftliche Eeligion" der „Dosamantismus" angepriesen —
in der Hauptsache nur angepriesen, nicht dargestellt: denn das
Hauptwerk, „das wissenschaftliche Evangelium" ist von dem ziemlich
mysteriösen „Meister44 selbst zu erwarten, der sich Jesus Ceballos
Dosamantes nennt. Das,ist offenbar ein gemachter Name, der hindeuten
soll auf „die zwei Liebenden" — Christus und seine Braut
— trotz der Opposition gegen den „semitischen Okkultismus", der
auf dem Titel des Buches*) erwähnt und im Buche selbst neftig
und mit allerlei persönlichen Ausfällen (gegen Dr. Sarah, Dr.
Encausse, Sar Peladan, ff. R Blavatshy und andere „perverse Geister")
bekämpft wird. Der polemische Theil ist so umfänglich, dass auf
die Darstellung der Lehre kaum der vierte Theil des Buches kommt.
Auch kann man nicht sagen, dass sie besonders klar wäre. Die
zwei Fundamentalsätze lauten: I. Die Entwicklung geht aus von
der unerschaffenen Materie, die in ihrem Urzustände als Aether
*) Er lautet in der Uebersetzung vollständig so: Der Dosamantismus
ist die wissenschaftliche Religion im Gegensatz zu dem semitischen Okkultismus
, der ein Bund des internationalen Anarchismus ist. Das wissenschaftlich
-religiöse System des Meisters /. C. D., dargestellt durch seinen
Jünger G. P.
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