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646 Psychische Studien. XXXI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1904.)
definirt ist; IL Gleich ewig mit dieser unerschafrenen Materie ist
der fundamentale Archetypus, der ewige Christus, welcher einen
geschlechtlich differenzirten und polarisirten Kern bildet mit seiner
ewigen Braut, dem heiligen Geiste des Christenthums, der Isis des
ägyptischen Alterthums. — Der hiermit gegebene Dualismus (der
schon in seiner abstrusen Terminologie dem vom Verf. angefochtenen
semitischen Okkultismus gar nicht so fern steht) führt nun weiter
zu der Unterscheidung der Aethermoleküle in lichte und dunkle:
jene sind die Wurzel aller Dinge und Wesen voll Licht und Leben,
deren Gemeinschaft den positiven Pol des Kosmos, das obere Lichtreich
, bildet; diese sind die Wurzel aller Dinge und Wesen der
Finsterniss und des Todes, die den negativen Pol ausmachen, das
untere Reich der Dunkelheit, sodass es neben dem höchsten Guten
auch ein transszendentales Böse giebt. Jene Aethermoleküle sind
nach Art der Monaden beseelt; ein jedes umfasst nämlich ein
materielles oder wägbares Atom und ein elektrisches oder unwägbares
. So weit sie menschliche Typen sind, können sie licht oder
dunkel sein — und so ist es keine blosse Redefigur, von lichten und
dunkeln Gedanken zu reden. Auf die Wechselbeziehung solcher
Typen ist der thierische Magnetismus, der Hypnotismus und Somnambulismus
zurückzuführen. — Wenn man der Versicherung der
Vorrede glauben soll, dass hier die Ideen des Meisters in ihrer ursprünglichen
Reinheit und in seinem eigenen Stile vorgetragen
werden, so kann man dem verheissenen wissenschaftlichen Evangelium
nicht gerade mit grossen Erwartungen entgegensehen. Wernekke.
Dr. phii, Robert Kurtz, Woran sollen wir glauben ? Entscheidung der
religiösen Glaubensfrage nacb neuen wissenschaftlichen Gesichts-
unkten. Verlag von äruno Feigenspan f Pössneck i. Thür. 189 S.
o. Preis brosch. 3 M.
An die Stelle des christlich-religiösen Ideals setzt der Verfasser
das Geschlechtsideal; denn der geschlechtliche Gegensatz sei die
bleibende Grundlage für die Liebe als das einzig wahre Ideal des
Lebens. Von religiöser und speziell christlicher Geschichte und
Lebenserfahrung scheint der Verfasser keine Spur zu haben.
Wienhold.
Nietzsches Metaphysik von ff ans Beiart Berlin , Verlag von Franz
Wunder. 1904. 116 8. 8<>. Preis 2 M.
Der Verfasser hehandelt hier die grossen inneren Kernfragen
der Metaphysik speziell nach den Schriften der Umwerthungsperiode
Nietzsches: Metaphysik als Lehre vom Bewusstsein, Metaphysik des
Anorganischen, des Organischen, des Weltalls, des Todes, der
Lebensverneinung, der Musik, des Jenseits von Gut und Böse usw.
Soweit es zum Verständnisse und zur vergleichenden Darstellung
nothwendig erschien, sind die Theorien von Kant, Schopenhauer,
Darwin, Richard Warner und Hüchel mit einbezogen. Der klaren
und übersichtlichen Darstellung wegen kann das Schriftchen empfohlen
werden. Wienhold
Menschengeist und Gottheit. Teichmüllers Religionsphilosophie, auf
Grund von dessen Metaphysik von Dr. Wlad, M. Radovanovie.
Wien, Verlag von fr. Lang (K. Wehle) 1903. 117 S. Klein-8«.
Teichmnller, ein Lotze verwandter Denker, hat eine „neue" Weltbetrachtung
aufstellen wollen, die in allen Hauptpunkten mit dem
Christenthume übereinstimmt. Er macht — das ist das Eigentümliche
seiner Betrachtungsweise — metaphysische Fragen zu logischpsychologischen
, indem er sich mit Leibniz, Herbart, Fichte, üeqel
Spinoza und am meisten mit Plato berührt. Religion Jst ihm die--
jenige Gesinnung, welche sich, dem Gottesbewasstseiii zugeordnet,
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