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Dankmar: Geistige und soziale Strömungen etc. 657
Form als der Affe, sondern eine gleichzeitige; der Mensch
stammt nicht vom Affen ab, er ist gleichen Ursprungs mit
ihm. Der „homo sapiens" hat mit dem Gibbon, Orang, Gorilla
einen gemeinschaftlichen Primatenahnen; die Descendenz-
theorie beweist nicht die Abstammung des Menschen vom
Affen, sondern sie beweist einfach die Thierverwandtschaft
des Menschen.
Obwohl wir durch obige Betrachtung, soweit sie über
Virchow's frühe Thätigkeit hinausgeht und sich mit dem
Darwinismus beschäftigt, über die hier zu betrachtende Zeitepoche
bereits hinausgekommen sind, so war das insofern
nothwendig, als der Darwinismus als Descendenzlehre dem
ganzen Jahrhunderte die Signatur aufgedrückt hat, sämmt-
Hche Zweige der Wissenschaft neu befruchtet hat, daher
mit allem Geistesfortschritt in Verbindung steht und also
auch zwischen ihm und dem zur selben Zeit ungefähr aus
Amerika gekommenen Spiritismus mit seiner ifardfec'schen
Seelenwanderung in Konnex steht. Auch die moderne
Theosophie lehrt ja eine Seelenwandlung; Beides lässt
sich mit der Entwickelungslehre sehr wohl vereinigen, im
Sinne eines metaphysischen Darwinismus. Einer von
den Vieren, welche das Leichentuch ßarmn's, als dessen
Sterbliches in der Westminster« Abtei beigesetzt wurde, trugen,
Alfred Russell Wallacef sein ebenbürtiger Rivale als Naturforscher
, sagt denn auch: „Wir finden, dass die Darwinsche
Theorie, selbst wenn sie zu ihrem letzten Schlüsse gebracht
wird, dem Glauben an die geistige Natur des Menschen
nicht nur nicht entgegensteht, sondern dass sie denselben
sogar entschieden stützt." Ein schwerwiegendes Wort aus
maassgebendem Munde!
Um so kürzer können wir uns jetzt beim Uebrigen fassen.
— Als Geologen sind die beiden Lehrer AI. Humholdfs aus
Preiberg höchst bemerkenswert!!: A.G.Werner und L. von Buch.
Ersterer, der als Lehrer Grosses wirkte, begründete die
moderne Geologie und leistete auch in der Mineralogie
Bedeutendes. In der Geogenie, d. i. der Lehre von der
Erdentstehung, lehrte er, dass der Ozean der Quell aller
Erdbildung und noch jetzt der Grund zu Neuformationen
im Mineralreiche sei. Die Thätigkeit der plutonischen Kräfte,
der von innen wirkenden Vulkane, wurde von ihm völlig
verkannt. Gegen diesen Neptunismus erhob sich als
Gegengewicht die ebenso einseitige Schule James Hution''s,
eines Engländers, welche die Entstehung der Erde durch
vulkanische Gräfte und der Erdkruste aus feurig-flüssigem
Zustande annahm. (Plutonismus.) Dieser Meinung schlössen
sich sofort der grosse Geologe L. von Buch (f 1853), der
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