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660 Psychische Studien. XXXL Jahrg. 11. Heft. (November 1904.)
form und das Chloral. In seinen berühmten „Ohemischen
Briefen" (1844), in welchen er sich als Vitalist bekannte,
trug er wie kein anderer dazu bei, das Interesse für Chemie
in weiteren Kreisen zu wecken. — Mit Friedrich Möhler
Qf 1882) zusammen untersuchte Liebig organische Säuren,
wie das Sehwefelcyan u. s. f. 1828 gelang es jenem in
Berlin zum ersten Male, aus anorganischen Stoffen (cyan-
saurem Ammoniak) einen organischen Körper: die Harnsäure
, herzustellen, und fortab wurde es das Hauptbestreben
der Chemie: alle Lebenserscheinungen auf Vorgänge chemischer
oder physikalischer Art — den Stoffwechsel — zurückzuführen
. —
Das Jahr 1842 und 1847 brachte Licht in den grossen
inneren Kräftezusammenhang der Natur. In jenem Jahre
veröffentlichte in den „Annalen der Chemie und Pharmacie'
der schwäbische Arzt Robert Mayer in Heilbronn eine Abhandlung
, betitelt: „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten
Natur", in welcher er die Aequivalenz von Wärme
und Arbeit bewies (die später der englische Brauer und
Physiker Joule zahlenmässig nachwies) und den Satz aufstellte
: „Kräfte sind unzerstörbare, wandelbare, im-
ponderable Objekte." Diese Aufstellung des Gesetzes von
der Erhaltung der Kraft oder der Konstanz
der Energie involvirt also, dass die Summe der Kraft,
welche im unendlichen Welträume thätig ist — unveränderlich
, unzerstörbar ist. Hermann Helmholtz hat dann — eben
J 847 — m „Ueber die Erhaltung der Kraft" die Gültigkeit
dieses Gesetzes für viele Naturvorgänge empirisch nachgewiesen
und dieses Gesetz der Erhaltung der Energiesumme
gilt für den ganzen Kosmos; es beherrscht alle
Vorgänge des organischen und des anorganischen Lebens,
es ist nach Häckel das „kosmologische Grundgesetz".*) Aber
nicht nur für Physik, Chemie und Physiologie gilt dieses
Gesetz, sondern laut dem psycho-physischen Parallelismus
auch für alles psychische Geschehen; auch im höheren,
geistigen Sinne gilt es und laut diesem selben Gesetze muss
die in uns denkende und organisirende Geisteskraft,
welche ja nur eine Erscheinungsform der einen Urkraft des
Weltalls ist, auch erhalten bleiben — nach dem Zerfall
des materiellen Körpers — und muss sich am Faden der
Kausalität in andere Daseinsformen (Wiedergeburten) umsetzen
resp. in solchen bethätigen.--
*) Die Allgemeingiitigkeit dieses Gesetzes wird neuerdings
vielfach bezweifelt, so namentlich auch von unserem t Mitarbeiter
Seeland Vgl. unsere Fussnote zu B. 615. — Red.
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