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Seiling: Okkulte Erlebnisse der Baronin Peyron. 671
grosse schlanke Gestalten, die mit einander zu sprechen
schienen. Die eine, von der das Licht ausging, zog die
andere mit sich, worauf sie nach dem Salon zu verschwanden.
Das Licht war so stark, dass zwei Dienstmädchen, die in
einem an den Vorplatz angrenzenden Zimmer zu Bett lagen,
es durch die Thürritzen und das Schlüsselloch sahen. Endlich
wurde die Erleuchtung des Vorplatzes auch von einem
aus der Stadt zurückkehrenden Stallknecht bemerkt, der
glaubte, es sei Feuer ausgebrochen. Als er aber in die
Nähe kam, verschwand das Licht plötzlich.
Der Tod gab mir bei meinem pietistischen Glauben an
Himmel und Hölle allerhand zu denken. Wie sollte eine
Mutter selig sein können, wenn sie etwa eines ihrer Kinder
verdammt sähe? Schliesslich neigte ich zu der Annahme,
dass es keine Portdauer giebt. Und doch, wie sollte Gott
so viel Liebe in unsere Herzen gepflanzt haben, um sie
dann plötzlich vergehen zu lassen? — Da wurde mir in
meiner Noth auf ganz besondere Weise eine ältere, hochachtbare
Spiritistin in den Weg geführt, die mich über
meine Erlebnisse und vieles Andere aufklärte. Ich lernte,
auf nur mehr eine Stimme zu hören, sowie automatisch zu
schreiben, und zwar auch Verse, die ich aus mir selbst
nicht hätte machen können und wenn man mir mit dem
Tode gedroht hätte. Ein Theil des also Geschriebenen ist
veröffentlicht.*)
Die volle Ueberzeugung vom Weiterleben nach dem
Tode gewann ich indessen erst, als Frau d'Esperance im
Januar 1893 nach Stockholm kam, um in einem spiritistischen
Vereine einige Sitzungen zu geben. Ich werde niemals
aufhören, das Licht, das mir damals leuchtete, und
die beseligende Gewissheit zu preisen, dass unsere abgeschiedenen
Lieben uns nahe sind und für kurze Zeit leibliche
Gestalt annehmen können, um uns in ihre Arme zu
schliessen. — Im Beginne der Sitzung, die ich mitmachen
durfte, sah ich einige lichte Phantome, was mich aber
durchaus nicht überraschte, da ich Derartiges oft genug
ohne Medium gesehen hatte. Plötzlich frug Frau d'Fsperance,
*) Bas anonym herausgegebene Buch „Sagor och Allegorier",
(Stockholm, Verlag der Zeitschrift Efterät) das, wie ich von Frau
d'Esperance erfahre, eine Sammlung vortrefflicher, ganz im Geiste
Andersen'* geschriebener Märchen und Fabeln bildet. Die Eltern
der Baronin (sie war eine geb. von Wetterstedi) sollen mit Anderten
befreundet gewesen sein, und zwischen dem scheuen, träumerischen
Dichter und dem Kinde soll eine grosse Sympathie bestanden haben.
Kein Wunder, dass die Baronin gegen Frau d'Esperance der Ueberzeugung
Ausdruck gegeben, dass die Märchen ihr vom Geiste
Andersen'* diktirt worden seien. M. 8.
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