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Kurze Notizen.
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liehen Köpfen, die auf Bäumen wachsen und bei Tagesanbruch
ihre Stimmen in diesen Lauten ertönen lassen. — In
dem Märchen selbst findet sich nicht in einem Wort angedeutet
, dass der Dichter an eine Beziehung zwischen den
geheimnissvollen Vogelstimmen und dem zauberhaften Federkleid
gedacht hat. Diese ganze Auseinandersetzung des
grossen Naturforschers besitzt wohl schwerlich eine unanfechtbare
wissenschaftliche Bedeutung und ist auch sicher
die am wenigsten hervorragende Arbeit, die er je geleistet
hat; aber der mehr als 80jährige Gelehrte, der bekanntlich
seit mehreren Jahrzehnten ein reges Interesse für spiritistische
Theorien an den Tag gelegt hat, wird sich und
gewiss auch allen Lesern seines Aufsatzes viel Vergnügen
damit bereitet haben.
f) Neue Beweise für hypnotische Inschau.
Ein französischer Arzt, Dr. Paul Sollier, hat in einem jüngst
erschienenen Buche „Les Phenomfenes d'Autoscopie" einige
Beobachtungen verzeichnet» die merkwürdig genug sind,
wieder erzählt zu werden, wenn man auch ihre Nachprüfung
den Männern der Wissenschaft überlassen muss. Herr
Sollier will in Gemeinschaft mit seinem Kollegen Dr. Colmar
mehrere Kranke behandelt haben, die im Zustand der
Hypnose das Innere ihres eigenen Körpers zu sehen und
zu beschreiben vermochten. Dass Menschen ihr eigenes
äusseres Bild unter gewissen Umständen sahen oder zu
sehen glaubten, ist schon wiederholt berichtet; Goethe,
Müsset, Maupassant haben solche Erlebnisse erzählt und zu
erklären versucht (vergl. Sept.-Heft er. S. 573). In
den Fällen des Dr. Sollier aber handelt es sich angeblich
um keine Spiegelbilder der Einbildungskraft, sondern
um wissenschaftlich kontrolirte
Selbstbeobachtung kranker Personen,
die von den Vorgängen im Innern ihres Körpers Schilderungen
gaben, zu denen sie scheinbar nur durch eigene Anschauung
gelangen konnten. Das Merkwürdigste bei diesen
Berichten ist, dass sie zum Theil thatsächlich in einer
Redeweise gegeben sind, wie sich ihrer ungebildete Leute
bedienen müssten, wenn sie physiologische Vorgänge beschreiben
wollen. So erzählt eine Patientin Dr. Colmar's in
der Hypnose: „Sehen Sie mal, in meinem Herzen ist eine
Flüssigkeit, die geht von da in grosse Röhren hinein und
dann wieder in kleine und dann wieder in grosse, und dann
kommt sie ins Herz zurück; sie kommt immer wieder und
hält niemals an. Immer wieder, immer wieder! Ach, ich
will die Geschichte nicht mehr sehen, das ist mir unangenehm
. Alles zittert ja an mir, überall lebt es und
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