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728 Psychische Studien, XXXI. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1904.)
einer schönen Tänzerin, der Donna Matia Dolores Porris y
Montez, welche 1846 des alternden Königs offizielle Geliebte
geworden war und gerne Gräfin Landsfeld werden wollte,
erschütterten den Thron des „teutsehen Dichters" Ludwig
solchermaassen, dass er zu Gunsten Maximilian^ II. abdanken
musste. Im Posen'schen standen die Polen auf und
am 23. März mussten die Oesterreicher Mailand und Venedig
räumen. Der damals allerdings noch nicht „unfehlbare" Papst
Pius IX. musste am 25. November, als Kammerlakai auf
dem Kutscherbocke der Gräfin Spaur sitzend, aus Rom nach
Gaeta fliehen. Für das alte Europa galt wahrhaftig das
Wort des Dänenprinzen: „The time is out of Joint!" Freilich
sollte diese Tragödie, nach viel Blutvergj essen, in einer
Komödie enden. Tieftraurig war ja nur das klägliche Ende
des Badenser Putsches von 1848 und 1849, der mit Hülfe
Preussens niedergeworfen wurde;*) komödienhaft war das
Ende des Vorparlaments in der Frankfurter Paulskirche
als Rumpfparlament in Stuttgart, wo es die württembergische
Regierung auseinandersprengte; komödienhaft endlich das
Ende der konstituirenden Nationalversammlung zu Brandenburg
, welche das Ministerium Brandenburg-M anteuft el auseinandersprengte
. In Oesterreich-Ungarn aber verbanden
sich Nord- und Südslaven, um für die Hofkamarilla Henkersdienste
an den Deutschen und Ungarn zu verrichten. Die
deutsche Kaiserkrone wurde, da sie mit demokratischem
Oele gesalbt war, von König Friedrich Wilhelm IV. abgelehnt
, der Einfluss Russlands in Deutschland wurde
mächtiger denn jemals, eine neue Reaktion brach herein
und Preussen musste 1850 den Gang nach Olmütz gehen:
Freiheitsliebe und nationale Begeisterung waren von der
*) Wir halten es für eine Ehrenpflicht, hier nicht unerwähnt
zu lassen, dass beim Badenser Putsche 1848 sich ein Mann heldenhaft
schlug, den der Okkultismus jetzt zu seinen treuesten Vorkämpfern
zählt und der erst kürzlich, als Achtzigjähriger, bei dem
Berliner Sensationsprozesse gegen das ,,BIumenmediumu freimüthig
für die Wahrheit des Uebersinnlichen eingetreten ist. Wir meinen
Herrn Dr. G. v. Langsdorfs. Die Sache war damals so: Nachdem
Struve sich leider zu einem unentschieden gebliebenen Gefechte mit
dem General Boffmann bei Güntersthal hatte verleiten lassen, versuchten
am andern Tage (Osterdienstag 24. April) Sigel und Mögling
ihren Parteigenossen in Freiburg Hülfe zu bringen. Zu spät! Die
Stadt war — wie Joh. Scherr: „Von achtundvierzig bis einundfünfzig"
(II. Bd., 1. Hälfte, H, 99) sagt —: „nach einem von der Handvoll
Freiburgischer Bepublikaner unter dem Kommando des Studenten
Langsdorf f sehrwacker, besonders am Zähringerthor
und am Breisacherthor wacker gekämpften Barrikadenkampfe
von den Truppen genommen worden, und so wurde die
anrückende Sigel'&che Schaar vom Schwabenthore aus mit fürstlichen
Kartätschen- und Musketenkugeln begrüsst."
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