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Was die Verbrecher träumen.
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quenten) ist die Wiederkehr von einer nennenswerthen Ge-
müthsreaktion begleitet.
Aus alledem kann man folgern, dass der grösste Theil
der Verbrecher sieh auch durch Eigenthümlichkeiten des
Traumlebens von den normalen Menschen unterscheidet.
Die subjektive phantastische Welt des Verbrechers schliesst
sich nach de Sandys Beobachtungen denjenigen an, die bei
den Imbezillen, Irrsinnigen und alten Epileptischen gefunden
werden.
Schluss also: Das Traumleben der Verbrecher zeigt,
dass sie gefühllos, apathisch sind, kurz, sich als wahre
.Imbezille des Gefühllebens und theilweise auch der Intelligenz
darstellen. Die Verbrecher schlafen gut, träumen
selten, und wenn sie träumen, von der Freiheit.
i:ine schwäbische „Spiritfstin" vor
200 Jahren.
Spiritistische, angeblich im somnambulen Zustande
ausgeführte Spielereien der Pfarrerstochter Christina Regina
Bader von Simmersfeld bei Altensteig in Württemberg
brachten gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Bevölkerung
des Schwabenlandes, vom Bauern angefangen bis zum Landesfürsten
, in nicht geringe Erregung. Auf allerhöchsten
Befehl aber wurden die eigenthümlichen Erscheinungen aufs
genaueste geprüft, dem „falschen Engel des Lichts die
lügnerische Larve herabgerissen11 und zur Mahnung und
Warnung aller der Thatbestand in einem kleinen Schriftchen
veröffentlicht, dessen Inhalt das „Tüb. Tagbl.11 vom
8. VIII. er. der Vergessenheit entrissen hat
Regina Bader war die Tochter des Pfarrers Bader in
Simmersfeld und schon von Geburt aus kränklich und der
Epilepsie unterworfen. Ihren Eltern — wir folgen im
wesentlichen dem im Jahr 1700 bei Melchior Gerh. Lorber in
Stuttgart erschienenen amtlichen Bericht — kostete sie von
fiüh an viele Arzneien und grosse Sorge und Kümmerniss,
bis sie zu reiferen Jahren kam und an „Geistesverwirrung
und Hysterie öfter laborierte.* Von ihrer Jugend an beschäftigte
sie sich viel mit Lesen der Bibel und geistvoller
theologischer Schriften; der Superintendent, die Nachbarschaft
, die ganze Gemeinde gaben ihr das Zeugniss, dass „sie
immer fromm, gottliebend, züchtig, keusch und gar nicht
bubensüchtig und boshaft gewesen sei.a Das erste „Gesicht"
hatte sie nach ihrer Angabe mit 15 J ahren am 15. H ornung 1693,
wobei ihr in einer Schar schöner weisser Engel ihre verstorbenen
Geschwister erschienen seien. Die erste „Vision"
Psychische Studien. Dezember 1904. 49
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