http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0780
Korse Notiaea.
769
Gesangbuche aufgefunden worden. Der Text ist lateinisch
und hat auf Deutsch übersetzt folgenden Wortlaut: „Im
Falle eines plötzlichen Todes bitte ich aus meinem Privatvermögen
1000 Mark an den Dekan (Friedrich von Ilbenstadt
) auszuhändigen, weicher diese Summe an bedürftige
Arme vertheilen soli.a Was ihn so kurz vor seinem doch
sicher nicht geahnten Tod veranlasste, diese Karte mitten
im Beten zu schreiben, kann wohl nie mehr aufgeklärt
werden."
/) Durch die Einbildung getödtet. Aus St.
Petersburg wird ein Fall berichtet, der wieder einmal die
Majht eingebildeter Leiden zeigt. Michael Staritzky, ein
Wagenwäscher an der grossen sibirischen Bisenbahn, reinigte
auf der Station Krasnojarsk einen Kühlwagen. Dabei
schlief er ein, und als er erwachte, war der Zug in Bewegung
und er war in dem Wagen eingeschlossen. Er war
vor Schreck wie gelähmt. Da er die Einrichtung des Kühlapparats
nicht kannte, glaubte er nicht anders, als dass er
erfrieren müsste. Die Qualen, die er ausgestanden hat, erkennt
man aus kurzen Sätzen, die der völlig zu Tode Erschrockene
mit weisser Kreide auf den Boden gekritzelt
hat. „Es wird kälter, wie ich fürchtete/' heisst es da.
„Wird keiner mich retten?" Dann erscheinen die Worte:
„Ich friere langsam zu Töde. Meine Füsse sind kalt wie
Eis." Danach scheint eine Pause eingetreten zu sein; die
intzte Niederschrift stand am äussersten Ende des Wagens,
wohin der Mann in seiner furchtbaren Angst gekrochen
war. „Ich schlafe schon halb — vielleicht sind dies meine
letzten Worte." Als der Zug 30 Kilometer westlich von
Krasnojarsk auf einem Nebengeleise hielt, wurde der Wagen
geöffnet, und man fand Staritzky todt auf. Die Ueber-
raschung der Eisenbahnbeamten war um so grösser, da der
Wagen eine Temperatur von 11 Grad zeigte; der Kühlapparat
war nicht in Ordnung. Der Mann war nicht that-
sächlich erfroren, sondern durch die Einbildung getödtet.
(„Deutsche Tageszeit." Nr. 528 vom 9./XI. 04.)
g) Erdgeister, [n den „Württ. Jahrbüchern für
Statistik und Landeskunde*' (Jahrgang 1904, Heft 1) finden
sich interessante Mittheiluugen über volkstümliche üeber-
lieferungen in Württemberg von Prof. Dr. Bohnenberger in
Tübingen, üeber das Wesen und Treiben der Erdmännlein
wird dann Folgendes erzählt: Ueber die Erdmännlein
liegen Berichte insbesondere aus dem mittleren Theil des
Landes von Gaildorf und Besigheim bis Sulz und Balingen
vor. Neben einem Haupttypus erscheinen einzelne besondere
Züge. Ersterer ist der herkömmliche und wird aus folgen-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1904/0780