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10 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1905.)
August erwarteten. Während dieser beiden Monate nahm
die Sorge für einen Haushalt von 26 Personen alle unsere
Kräfte in Anspruch; doch boten die Ergebnisse, die uns
der August brachte, reichen Ersatz für alle Mühe. Im
Juli waren wir ziemlich mutlos geworden. Nicht weniger
als sieben der erwarteten Gäste waren in letzter Stunde
verhindert; sie wurden in der Eile durch weniger geeignete
Elemente ersetzt. Das australische Medium Bailey% das
schon mehrere Monate vorher engagiert war, hielt nicht
Wort; die deutsche Hellseherin, Frl. Lizzie H. von Köln,
konnte wegen einer schweren Lungenentzündung die versprochenen
Sitzungen nicht geben; Herrn Munsiermann, dem
holländischen Medium, der daheim so grossartige Manifestationen
erhalten hat (Abdrücke von Geisterhänden in
geschmolzenem Paraffin u. dgl.), glückte es nicht, in fremder
Umgebung Materialisationen vorzuführen; doch gelangen
jene schönen LichterscLeinungen und namentlich ausgezeichnete
Levitationen: in der dritten Kachmittagsstunde,
bei hellem Sonnenlichte, erhob sich ein schwerer Tisch, von
unsichtbaren Händen getragen, und schwebte ungefähr eine
halbe Minute in der Luft. Mehrmals wiederholte sich in
Gegenwart sämtlicher Gäste dieser Vorgang. Das eine
Mal erhob sich der Tisch 19 Mal nach einander, antwortete
auch auf gestellte Fragen mit Ja und Nein (durch drei-
oder einmalige Erhebung). Wenn man zum ersten Male
einen schweren Gegenstand dem Gravitationsgesetz entgegen
frei schweben sieht, wird sicher ebenso sehr das Erstaunen,
wie das Interesse erweckt. Ist aber durch wiederholte
Versuche die Möglichkeit dieses Vorgangs sicher gestellt,
so regt sich ein Verlangen nach Manifestationen von tieferer
Bedeutung. Sobald sich wissenschaftliche Forscher von der
Realität solcher gröberen, physischen Erscheinungen überzeugt
haben, haben wir keine Veranlassung mehr, auf dergleichen
niedere Phänomene, die einem vorgeschrittenen
Spiritisten keine geistige Ausbeute gewähren, unsere Zeit
zu verwenden.
Nach Munstermannh Abreise experimentierten wir ein
paar Wochen mit Frau Abend, die leider ihre Mediumschaft
grossenteils verloren hat. Sie gab uns mehrere Proben von
Hellsehen, entsprach aber doch nicht den Erwartungen.
Brachte uns somit der erste Monat nicht die gebofften
Resultate, so war er doch keineswegs nutzlos: wir hatten
teuer erkaufte Erfahrungen gewonnen — wie die Kolonie
nicht eingerichtet werden darf. Eine der grössten Schwieligkeiten
liegt in dem Sprachengewirr. Sechs Nationen
waren vertreten, und ich musste immer als Dolmetscheria
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