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20 Pb> chisehe Studien. XXXIL Jahrg. 1. fielt. (Januar 1905.)
junge Freundin, ein Frl. v. K.*), die Tochter eines gefallenen^
höheren deutschen Offiziers, die gleichfalls medial veranlagt
war, und zwar war sie ein starkes Trancemedium, Diese
drei hübschen, fein gebildeten und der besten Gesellschaft
angehörenden Damen haben mir die verschiedensten interessanten
Sachen erzählt. Ich machte der ehrwürdigen
Mutter des Frl. t;. K. einen Anstandsbesuch in ihrem eleganten
Heim. Kaum hatte ich mich aufs Sopha gesetzt,
so ertönte hinter mir, über meinem Kopfe, ein deutliches
Pochen im goldenen Ealimen eines alten Familienbildes.
Die alte Dame sagte lächelnd: „Nun, Sie werden ja gleich
begrüsst!" Aber nicht von den interessanten Dingen, die
man mir in diesem Hause erzählte (ein Sohn der Dame,
gleichfalls deutscher Offizier, sagte man mir, sei auch medial)
wollte ich erzählen, sondern ich wollte von einer Tischsitzung
berichten, die mir die diei jungen Damen freundlichst im
Hause der zwei Frl. S. bewilligten. Als ich die Frl. S. das
erste Mal aufsuchte, schrieb die Hand der einen jungen
Dame automatisch: ich sei schon erwartet worden und solle
diesem Medium doch vertrauen. Die Schrift war unter«
zeichnet mit dem Namen „Gertrud". Da die FrL S. keine
verstorbene »Gertrud** gekannt zu haben behaupteten, forderten
sie mich auf, in meiner Erinnerung nach einer solchen
zu suchen. Ich hatte allerdings vor etlichen Jahren eine
mir sehr liebe Bekannte dieses Namens, die mir im Leben
viel Vertrauen geschenkt hatte, verloren, aber augenblicklich
nicht entfernt an sie gedacht, und zweifelte stark daran,
dass es diese sein konnte, auf welche die Unterschrift hinwies
. Wir verabredeten zum folgenden Tage die Tischsitzung
, und sassen dann, als der Abend herannahte, wie
verabredet, im Salon der Frl. S. im Dunkeln um einen
kleinen Tisch herum zu vieren. Ich muss hier noch erwähnen
, dass jene „Gertrud*' die sehr liebenswürdige Mutter
einer weniger liebenswürdigen Tochter war, mit welcher ich
mich infolge fundamentaler Charakterdifferenzen durchaus
nicht stellen konnte. Kaum sassen wir im Dunkeln, so
meldete der Tisch gleichfalls eine „Gertruds — Ich fragte:
welche 6. bist du denn ? klopfe doch den ersten Buchstaben
deines Familiennamens heraus!" Zu meiner Verwunderung
— oder vielmehr zu meiner Befriedigung klopfte der Tisch
einen unzutreffenden Buchstaben. Aber nein! das war ja
der erste Buchstabe vom Mädchennamen jener Dame! Ich
fragte weiter: „Wieviel Silben hat der Name?" Die Antwort
*) Sämtliche (zum Teil wohlbekannte) Namen, sowie Wohnort,
«der betreffenden Familien wurden dem Schriftleiter mitgeteilt. — Red.»
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