Freiburger historische Bestände - digital

Psychische Studien.

Monatliche Zeitschrift,

vorzuglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene

des Seeleniebens gewidmet.

32. Jahrg. Monat Februar. 1905.

L Abteilung.

Historisches und Experimentelles*
Karl von Linne als Okkultist.

Mitgeteilt von Hofrat Prof. a. D. Max Seiling.

Die Entdeckung, dass auch der grosse Naturforscher
Linne (1707 —1778) dem Okkultismus nahe gestanden, ist
vom Biologen „Heliodor" gemacht worden, der im Juni-
Heft des vorigen Jahrganges der „Psych. Stud.64 mit dem
so gehaltvollen „Offenen Brief" zu Wort gekommen ist.
Da „Heliodor" auf längere Zeit mit fach wissenschaftlichen
Arbeiten überladen ist, hat er die Verwertung seines Fundes
mir überlassen.

Die botanische Zeitschrift „Flora" enthält in Nr. 44
ihres XXXIV. Jahrganges (1851) einen „Beitrag zur Charakteristik
Linne'su} der einer von Prof. Fries in Upsala gelegentlich
einer Promotionsfeierlichkeit verfassten Schrift entnommen
ist. Diese wiederum bildet im wesentlichen einen
Auszug aifs Linnes ungedruckter Abhandlung nlieber die
Nemesis divina*. Das aus 203 losen Oktavblättern bestehende
, im Besitz der Universitätsbibliothek in Upsala
befindliche Manuskript wurde von Linni nicht veröffentlicht,
da es, wie aus der Einleitung hervorgeht, als ein Testament
für seinen einzigen Sohn (und Nachfolger im Amte) gelten
sollte. Nach dem von Prof. Fries Mitgeteilten handelt es
sich in der Einleitung um allerhand auf schlimme Er-
fahrungen gestütze Ermahnungen und Lebensregeln. Den
Hauptwert legt Lmni hierbei auf seine an das Karma erinnernde
Lehre von der ausgleichenden göttlichen Gbrechtig-
keit (Nemesis divina), die er gelegentlich auch Autopathia
nennt. Er vermag indessen diese, seine innerste religiöse
Ueberzeugung bildende Lehre philosophisch viel weniger

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