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80 Psychische Studien. XXXII. Jahrg 2. Heft. (Februar 1905.)
Immerhin waren diese Gelehrten noch auf besserem
Wege als die vielen Bücher, welche sich bemühen, die
Astrologie unter Verschweigung der mehr umständlichen
und schwierigeren Berechnungen dem grossen Publikum
mundgerecht zu machen, wie auch in neuerer Zeit Raphaels
„Key to Astrology" (nur 1 Shilling in London) und andere
englische Leitfäden. Zum Anfangsunterricht sind sie ja zu
benützen; auch enthalten diese einfacheren Elemente viel
Wirkendes, aber schon sie sind für die grosse Masse zu
zeitraubend und zu kompliziert. Viele „Astrologen" arbeiten
nur damit und haben auch Resultate, je nach dem, wie es
gerade glückt. Die mehr mathematischen Berechnungen tun
es nicht deshalb, weil sie zeitraubend und nicht für jedermann
sind, sondern man kann auch mit einfacher liegenden
Elementen gute Ergebnisse erzielen. Immerhin ist die
Horoskopie zum Wahrsagen der Zukunft eigentlich zu
schwerfällig und allzu verwickelt. Man kann oft aus den
Handlinien gerade die wichtigsten und einschneidenden
Schicksalszeiten auf einen Blick erkennen, während dies aus
dem Horoskop in vielen Fällen überhaupt nicht gelingt,
zumal die bis jetzt bekannt gewordenen technischen Mittel
nicht genügen. Es ist alter Brauch bei den Astrologen
, nicht zu sagen, was sie nicht können, auch ist es
allerdings kaum möglich, dem Publikum davon eine klare
Vorstellung zu geben, da es keinerlei Fachkenntnis besitzt.
Wenn Herr Pöllner eine technische Neuerung meinerseits
von wirklicher Bedeutung erwähnen wollte, so hätte
er anführen können, was ich im Journal „The Horoseope"
Nr. 8 (London 1904) in dem Artikel „The Secret of Pri-
mary Directions" vorläufig kurz publiziert habe, wobei ich
als Beispiel das Horoskop des mit Andree's Ballonfahrt verunglückten
Knut Frankel wählte. Bisher stritten zwei Zeitmasse
für die Direktionsbögen um die Herrschaft; die einen
versteiften sich auf „ein Grad gleich ein Lebensjahr
", die andern messen die Bögen an der täglichen
Fortschreitung der Geburtssonne in Rektaszension und
rechnen „ein Tag ein Jahr", was auch das Prinzip der
sogen, sekundären Direktionen ist. So rechnete z. B. auch
Kepler und neuerdings Dr. Simmonik in seinem Lehrbuche
-Areana of Astrology", und mit Eifer verteidigt dies Mass
der Amerikaner /. G. Dalton, ein im übrigen gründlicher
Mann und exakter Rechner. Was ist nun richtig? Ich
bin nach jahrelangem Experimentieren aber zu der überraschenden
Entdeckung gekommen, dass man immer
beide Zeitmasse einstellen muss, was die
Hunderte der Primärdirektionen in einem Horoskop dann
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