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Kurze Notizen.
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im christlichen Dogma tief begründet und dass die ihrem
militärischen Rang, wie ihrer geistigen Bildungsstufe nach
höchststehenden Kriegshelden des einer grossen Zukunft entgegen
gehenden Kulturvolks im fernen Osten, im Unterschied
von blossen Namenchristen, wirkliche Geistergläubige
sind. Bei Gelegenheit einer Feier, die in Tokio am 31. Dezember
04 zum Gedächtnis der im Kampfe um Port Arthur
gefallenen Offiziere und Mannschaften der Flotte abgehalten
wurde, redete der ruhmreiche Admiral Togo die Geister
seiner Kameraden in einer Weise an, die das materialistisch
geschulte Europa merkwürdig berühren wird. Er stattete
gewissermassen ihnen Dank und Bericht ab, und zwar (laut
„Augsb. Ab.-Ztg." vom 4./I. er.) in folgenden Worten:
„Wenn ich vor euren Geistern stehe, so fällt es mir schwer,
meinen Gefühlen Ausdruck zu geben. Eure Persönlichkeiten
sind mir noch frisch im Gedächtnis* Eure körperliche
Existenz hat freilich aufgehört, aber ihr schiedet von der
Welt in tapferer Erfüllung eurer Pflichten und infolge
eures Tuns ist die Flotte des Feindes nun auf dieser Seite
des Erdballes vollkommen unbrauchbar gemacht worden.
Unsere vereinten Flotten bleiben im unbestrittenen Besitz
der See. Ich bin überzeugt, dass diese Nachricht euch
Geistern Frieden und Ruhe bringen wird. Es ist mir eine
angenehme Pflicht, gelegentlich meiner Anwesenheit in der
Hauptstadt, wohin mich der Kaiser geiufen hat, den
Geistern derjenigen, die ihre irdische Existenz für ein so
grosses Resultat opferten, unsere Erfolge zu melden. Diesen
Bericht statte ich hiermit in aller Demut in eigener Person
ab, ich, Hcihutschiro Togo, Admiral der vereinigten Flotten."
— Auch vor dem 3 Stunden dauernden Einzug der Japaner
in das eroberte Port Arthur in einer 3 Meilen langen Heeressäule
fand (wie Reuter9% Bureau vom 14./L er. meldet) vorher
in der Ebene ein Gedächtnisgottesdienst für die Geister
der Gefallenen statt.
c) Den eigentümlichen Rausch- bezw Traumzustand des
spontan schaffenden Künstlers schildert der eminent künstlerisch
begabte Philosoph des Wahnsinns, Friedr. Nietzsche,
in den autobiographischen Skizzen aus dem Jahr tttefö mit
Bezug auf die unvergleichliche Stimmung, in der sein
„Zarathustra" geschaffen wurde, mit folgenden Worten: „Mit
dem geringsten Rest von Aberglauben in sich würde man
in der Tat die Vorstellung, bloss Mundstück, bloss M e -
dium übermächtiger Gewalten zu sein, kaum
von sich abzuweisen vermögen. Der Begriff Offenbarung
in dem Sinn, dass plötzlich mit unsäglicher
Sicherheit und Feinheit etwas Sichtbares hörbar wird, etwas,
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