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156 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 3. Heft (März 1905.)
gestellt, d. h. das Vermögen des Menschen, den Gestalten
seiner Phantasie objektive, sogar auf der photographisehen
Platte fixierbare*) Körperlichkeit zu verleihen. Damit
hätten wir die Frage auf das animistische Erklärungsgebiet
verlegt.
Es gibt in der Geschichte des Okkultismus einige wenige
Erscheinungen, die für diese Möglichkeit sprechen, wenn
nämlich alles das ausgeschaltet worden ist, was eine h a 11 u -
zinatorische Erklärung nahe legt. Offenbar können wir
den Erscheinungen der Materialisation gegenüber einen vierfachen
Standpunkt einnehmen. Zwei von ihnen liegen auf
dem Felde des Animismus, zwei auf dem des Spiritismus.
Entweder ist die uns sichtbare und photographierbare
Erscheinung ein Werk des Mediums oder das Werk einer
ausserhalb des Mediums stehenden Kraft. Nehmen wir sie
als ein Werk des Mediums an, so ist es denkbar, dass wir
den sichtbaren Doppelgänger des Mediums, d. h. seinen
materialisierten Astralleib vor uns haben, oder eine sichtbar
gewordene Gestalt, welche die Phantasie des Mediums
aus seinem Erinnerungsschatze geformt und kraft der ihm
eigenen Gabe uns sichtbar gemacht hat.
Nehmen wir die sichtbare und photographierbare Erscheinung
als das Werk einer ausserhalb des Mediums
wirkenden organisierenden Kraft an, so ist es abermals
denkbar, dass diese Kraft mit Hilfe der medialen Kräfte
des Mediums sich selbst sichtbar darstellt oder uns ein
Produkt ihrer phantastischen Gestaltungskraft darbietet.
*) Dahin gehören z. B. die in dem von Feilgenhauer übersetzten
Buch des Prof. M. T. Falcomer (an den Hochschulen zu Venedig
und Alessandria): „Einführung in den neueren Experimental-Spiri-
tualismus" (Leipzig, Max Spohr) abgebildeten Experimente des Ingenieurs
Mac JSah (Fig. A: Nachbildung eines alten Gemäldes von
Raffael) und wohl auch die Photographie einer mediumistischen Erscheinung
durch Dr. James Tissot (Fig. B), sowie die Erscheinung
des fluidischen Körpers einer lebenden Dame bei Hauptmann Volpi
(Fig. G) und die photographische Aufnahme eines fluidischen Gesichts
durch Dr. de Wattewille in Gegenwart des Mediums Eusapia
Paladino (Fig. H). In Frankreich soll es neuerdings dem unter dem
Pseudonym Tegrad schriftstellernden Kommandanten Dar gel in Tours
wiederholt gelungen sein, Formgestaltungen von — nach der Methode
des Obersten defiochas — exteriorisierten, bezw. nach aussen projizierten
Gedanken in einwandfreien Transszendenta 1-r ho-
tographien auf den von ihm selbst präparierten Platten festzuhalten
, womit das wirkliche Vorhandensein der von Croohes als
„psychische Kraft" bezeichneten Energie bewiesen wäre. Auch die
in Aksakotv'% „Animismus und Spiritismus" reproduzierten „Geister-
photographien", welche der vorzüglich beleumundete Photograph M.
Beattie zu Bristol 1872 und 1873 erzielte, dürften so zu erklären
sein. — Red.
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