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K : Ueber die Möglichkeit eioes einwandfreien Identitätsbeweises. 157
Hält man sich diese vier Möglichkeiten vor Augen, so
ist es klar, wie misslich es ist, nach der blossen Aehnlich-
keit ohne weitere Belege zu behaupten: die Gestalt ist der
materialisierte Geist dieses oder jenes verstorbenen Menschen
. Ein scheinbares Recht zu einer solchen Behauptung
hat man erst dann, wenn eine Gestalt photographiert worden
ist, die dem Bilde eines verstorbenen Menschen so ähnlich
ist, dass man behaupten darf: „Allem Anscheine nach sind
beide identisch." Ausserdem muss die sehr wichtige Bedingung
erfüllt sein, dass der Verstorbene oder sein Bild
weder dem Medium, noch irgend einem der Zirkelteilnehmer
bekannt gewesen ist, um einer animistischen Erklärung
aus dem Wege zu gehen, so geschraubt dieselbe auch
sein mag.
Beispiele, welche diese Bedingungen erfüllen, werden
in der Geschichte des Spiritismus äusserst selten erwähnt.
Erfüllen sie dieselben, so stellen sie jedoch immer noch
keinen einwandfreien Identitätsbeweis dar, denn die Konstatierung
einer gewissen Aehnlichkeit nach zwei Photographien
ist eine sehr unsichere Sache. —
Einem exakten Beweise schon näher kommt man, wenn
direkte Schriftzeichen gewonnen werden, die mit
der Schrift eines Verstorbenen nach sachverständigem Gutachten
identisch sind. Allerdings steht hier immer noch
die Möglichkeit eines Irrtums offen.
Kommen hierzu noch intelligente Mitteilungen,
von denen die Zirkelteilnehmer und das Medium unmöglich
etwas wissen konnten und die sich nach eingeholter Erkundigung
als wahr herausstellen, so bleibt einem eingefleischten
Skeptiker nach berühmtem Muster nur noch der
„Anschluss ans Absolute'1 übrig, das heisst aber nach
du Prel „mit Kanonen nach Spatzen schiessen".
Geht man von der gewiss richtigen Voraussetzung aus,
dass eine organisierende Kraft, die schon einmal einen
materiellen Körper gestaltet hat, auch nach dem Zerfalle
dieses Körpers ein Abbild desselben mit allen Einzelheiten
wird rekonstruieren können, so würde es zur Gewinnung
eines einwandfreien Identitätsbeweises darauf ankommen,
einen solchen Körper mit allen Mitteln menschlichen Scharfsinns
zu fixieren.
Dies würde zu geschehen haben durch Photographie,
Messung, Abdrücke der Hände (Daktyloskopie), Abdrücke
ganzer Gliedmassen in Gips, Gewinnung von Schriftzügen.
Ueber alles dies wäre von massgebenden Persönlichkeiten
ein Protokoll aufzunehmen und unterschriitlich zu vollziehen.
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