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160 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 3. Heft. (März 1905.)
deutender Politiker in Anspruch nehmen, ein Mann, der in
früheren Jahren im bayrischen Landtag und bis in die
Gegenwart im politischen Leben der bayrischen Hauptstadt
eine hervorragende Rolle gespielt hat. Ich rede von dem
Professor der Nationalökonomie an der Technischen Hochschule
zu München, Dr. Max Hauskofer, geschätzt und gepriesen
in den weitesten Kreisen unseres deutschen Vaterlandes
nicht etwa nur als Verfasser eines Handbuchs der
Statistik und anderer fachwissenschaftlicher Werke, sondern
namentlich auch als gemütstiefer Dichter und gewandter
geistvoller Essayist. Um von den zahlreichen Dichtungen
Max Haushofer's hier nur die bekanntesten zu nennen, sei
„Der ewige Jude" (IL Auflage 1894), die „Geschichten
zwischen Diesseits und Jenseits4* (1887) und „Die Verbannten
" erwähnt.
Wenn nun ein so vielseitig begabter Mann, wie Prof.
Haushof er — gleichzeitig Gelehrter, Politiker und Dichter
— einmal die Frage nach dem Jenseits aufrollt und sie
in einer offenbar für die grosse Masse der Gebildeten berechneten
, vor wenigen Monaten erschienenen Schrift nach
den verschiedensten Richtungen hin beleuchtet, so dürfte
der Inhalt solcher aus so vielfach erprobter Feder geflossenen
Arbeit gewiss auch die Leser der „Psych. Stud."
interessieren. Letztere werden sich freilich wohl schon
längst in dieser Frage eine feststehende Anschauung gebildet
haben, eine Anschauung, die auf die allereingehend-
bten psychologischen und philosophischen, metaphysischen
und theosophischen Studien gestützt sein wird. Von einem
akademischen Lehrer wie Prof. Haushofer aber, der eine so
vielseitige literarische Tätigkeit entfaltet und dabei auch
noch politisch tätig ist, liberale Parteiversammlungen leitet
usw., können #wir nicht verlangen und erwarten, dass er,
ehe er über die Jenseitsfrage eine Broschüre publiziert,
vorher die ganze hierauf bezügliche Literatur durchstudiert.
Man denke nur z. ß. an die 22 Bände der verflossenen
„Sphinx" und die bisherigen 31 Jahrgänge der „Psych.
Stud." ! Schon allein diese gründlich durchzuarbeiten würde
sehr viel Zeit und Müsse erfordern. Wo soll aber ein so
vielfach in Anspruch genommener Mann diese Zeit hernehmen
? Deshalb dürfen wir uns auch nicht wundern,
wenn H. die Jenseitsfrage in der erwähnten Schrift nicht
etwa als Agnostiker odur als überzeugter Spiritist im Sinne
du Prel's oder gar als Mystiker und Theosoph, sondern
vielmehr in dem Sinne behandelt, wie dies seiner Persönlichkeit
und deren Eigenart entspricht, nämlich im „Licht
der Politik und der modernen Weltanschauung". Was er
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