Freiburger historische Bestände - digital

180 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. 3. Heft. (März 1905.)

spiritistisches Erlebnis gehabt, ohne dass ein Medium zu-
• gegen gewesen wäre. Die Medien sind geistig ab-
normeMensch en, aber deshalb sind sie noch nicht
verrückt, sondern vielmehr Leute, die nur um eine Nüance
mehr vom Normalen abweichen, als es die gewöhnlichen
Menschen tun. Normal ist überhaupt niemand, normal ist
ein ganz ideeller Begriff. Niemand geht vollständig auf
der Mittellinie und die Medien schwanken nur um ein
weniges weiter ab, als die sogenannten Normalen, sie gehen
bloss nicht mit dem grossen Haufen. Schwindler kommen
allerdings sehr viele unter ihnen vor, aber auch sehr
viele ehrenhafte Menschen, ünter meinen acht Medien
war ein amerikanischer Schwindler. Nur bei wenigen
Personen ist der Zustand angeboren, bei den meisten bald
bewusst, bald unbewusst anerzogen durch ihre Umgebung.1'
Leider geht der Herr Berichterstatter auf die nun von
Dr. Jung erzählten, besonders interessanten persönlichen
Erfahrungen nicht näher ein, sondern salviert sein journalistisches
Gewissen durch eine Verbeugung vor dem lächerlichen
Popanz des Spiritistenodiums, indem er seinen sonst
recht sachlichen Bericht mit den folgenden hohlen Phrasen
schliesst:

„Bis hierher kann und will der Berichterstatter den
Ausführungen des Herrn Vortragenden folgen. Es wird
weiterhin immer schwieriger, zu unterscheiden, wie weit
seine objektive wissenschaftliche Kritik und wie weit seine
Eingenommenheit (! — Red.) für die Lehren des Spiritismus
gehen. Es ist schon im Vorausgegangenen vielfach
sehr schwierig gewesen und deshalb ist die direkte Rede
als Reproduktionsform gewählt worden; der Berichterstatter
wollte es auf diese Weise vermeiden, eigene Urteile einzu-
flechten und wollte seiner Gewohnheit gemäss beim reinen
objektiven Reterat bleiben.*'— Unsere Leserschaft wäre Herrn
Dr. Jung gewiss dankbar, wenn er uns für den Rest seines
gehaltvollen Vortrags sein Manuskript oder doch ein kurzes
Referat darüber Zur Verfügung stellen wollte.

Der Kinflnss des Geisterglaubens auf den

japanischen Charakter.*)

Mitgeteilt vom Red. Dr. Fr. Maier,

Unter allen Kennern Japans steht wohl der jüngst verstorbene
Engländer Lafeadio Heam obenan, der sein ganzes

*) Vergl. Kurze Notiz b) des vorig. Hefts S. 118.