Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
32. Jahrgang.1905
Seite: 182
(PDF, 218 MB)
Bibliographische Information
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182 Psychische Studien. XXXII. Jahrg. X. Heft. (Mira 1905.)

ihr ethisches Leben reicht in Gebiete und Regionen des
Geistes und der Seele, die völlig unerforscht noch vor uns
liegen, oder die wir vielleicht schon längst vergessen haben."
Ein stetes Lächeln liegt auf ihren Mienen; voller Höflichkeit
und Liebenswürdigkeit tragen sie die Ereignisse des
täglichen Lebens. Ihr ganzes Leben ist ja nur eine Art
Verzauberung. Jedes Familienmitglied hat die Ueber-
zeugung, beständig unter einer geistigen Ueberwachung zu
stehen. Geisteraugen bewachen jedes Tun, Geisterohren
hören jeden Laut. Auch die Gedanken sind
sichtbar den Göttern des Todes. Das Herz muss rein sein,
denn es steht unter der Kontrolle der stets gegenwärtigen
Geister. Der Einfluss eines solchen Glaubens, der seit
Tausenden von Jahren ununterbrochen auf die Volksseele
wirkte, hat sicher dazu viel beigetragen, die gute Seite des
japanischen Charakters auszubilden. Es ist eine Keligion
der Dankbarkeit und der Zärtlichkeit; das ganze Hausgesinde
betrachtet die Toten als körperlich (wenn auch
unsichtbar) anwesend, So ist es nur ein schönes Schattenspiel
, dies Leben, und Licht, Farben, Glück und Leid,
all das versinkt gar schnell in Leere und Schweigen.
Darum lebt der Japaner fröhlich und fromm seine kurzen
Tage, und nur die Vergangenheit ist es, die bestimmend
und machtvoll auf sein Leben einwirkt. Die Höflichkeit
und Freundlichkeit sind Formen ihrer Religion, von
den Ahnen her überliefert. Sie hängen mit der durch
die Ahnen Verehrung geforderten ehrfürchtigen Stimmung
eng zusammen. „In Japan sind die Toten die heimlichen
Herrscher über die Lebenden. Obwohl die
Ahnenverehrung in mehr denn 2000 Jahren manche
Aenderung erfahren hat, so ist sie doch nach wie vor der
Grundpfeiler, auf dem die ganze religiöse und moralische
Gesinnung und Gesittung des japanischen Volkes beruht.
Nicht nur Religion und Herrschaft, sondern alles in der
japanischen Gesellschaft kommt direkt oder indirekt von
dem Ahnenkult her, und diegespenstischenSchatten-
bilder vergangener Vorfahren werfen ihre
dunkle und ruhige Silhouette mitten hinein
in das moderne Leben, lenken das Geschick
der Lebenden. Diese alte A h nenreligion hat den
Buddhismus in sich aufgenommen, hat das Christentum zugrunde
gerichtet und selbst in dem modernen, kultivierten
Japan bleibt sie immer noch die Seele des Volkes,
der Schlüssel für all die zähe Kraft und die
heroische Aufopferung dieser Menschen, die
die Welt durch ihre Taten in Erstaunen setzen.


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