Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
32. Jahrgang.1905
Seite: 225
(PDF, 218 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1905/0237
Seiling: Zur Frage der Erblichkeit der Eigenschaften, 225

Dafür, dass hochbegabte Söhne geistig ausgezeichnete
Mütter gehabt haben, führt Schopenhauer eine Menge Beispiele
an, während er die Ausnahme daraus erklärt, dass
die Mutter selbst einen phlegmatischen Vater gehabt hat,
weshalb ihr ungewöhnlich entwickeltes Gehirn nicht durch
die entsprechende Energie des Blutumlaufs gehörig excitiert
gewesen ist. Ebenso leicht weiss Schopenhauer sich zu helfen,
wenn Söhne der selben Mutter sehr ungleiche Geistesstärke
zeigen, welcher Fall z. ß. bei Kant und seinem Bruder vorliegt
. Indem Schopenhauer an das von ihm bei früherer
Gelegenheit über die physiologischen Bedingungen des
Genies Gesagte erinnert, meint er: „Nicht nur ein ausserordentlich
entwickeltes, durchaus zweckmässig gebildetes
Gehirn (der Anteil der Mutter) ist erfordert, sondern auch
ein sehr energischer Herzschlag, es zu animieren, d. h. subjektiv
ein leidenschaftlicher Wille, ein lebhaftes Temperament
: dies ist das Erbteil vom Vater. Allein eben dieses
steht nur in dessen kräftigsten Jahren auf seiner Höhe,
und noch schneller altert die Mutter. Demgemäss werden
die hochbegabten Söhne in der Regel die ältesten, bei
voller Kraft beider Eltern gezeugten sein: so war auch
A'anfs Bruder elf Jahre jünger als er." Zu den Ausnahmen
, denen auch der Scharfsinn Schopenhauers kaum
gewachsen gewesen wäre, gehört das überragende Genie
Richard Wagner, der von vielen Geschwistern das jüngste
und allein ausgezeichnete war.

Ganz unhaltbar ist es nun aber, lediglich das Milieu
verantwortlich machen zu wollen, wenn grosse Männer unbedeutende
Nachkommen haben; und vollends absurd ist
es, zu glauben, dass die grössten Persönlichkeiten, selbst
wenn sie aus „tiefstehenden Familien" stammen, ihre Bedeutung
wiederum blos dem Milieu zu verdanken haben.
Die physiologische Unmöglichkeit der Vererbung geistiger
Errungenschaften ist übrigens seitens Rawitz ein so bedeutsames
Zugeständnis, dass man von ihm nicht auch noch
den Sprung in das metaphysische Gebiet verlangen darf.
Dieser ist nun freilich unerlässlich, zumal für die Erklärung
des Genies und des Wunderkindes. Aber auch die Verschiedenheit
von Geschwistern und namentlich von Zwillingen
trotzt oft genug allen nicht metaphysischen Erklärungen
. Schopenhauer muss, um seine Hypothese zu
retten, bezüglich der Zwillinge von der „Quasi-Identität
ihres Wesens" sprechen, was jedoch mit der Erfahrung
durchaus nicht übereinstimmt; selbst Tiere (besonders
Katzen) des selben Wurfes können nicht nur körperlich
ausserordentlich verschieden sein.

Psychische Studien. April 1903. 15


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1905/0237